Epidemiegesetz

Keine Gesundheitsdaten für die Wissenschaft

Eines hat als Lehre aus der Pandemie bisher als fix gegolten: Es soll mehr Gesundheitsdaten für die Wissenschaft geben, und sie sollen besser verknüpft sein. Angesichts zweier Gesetzesentwürfe aus dem Gesundheitsministerium werden nun aber Zweifel an den Bekenntnissen der Politik laut.

Wie viele Menschen mit welchem Alter lassen sich impfen? Was bringen die Impfungen bei Infektionen und Hospitalisierungen? Wie wirken sie bei Menschen mit Vorerkrankungen? Um Fragen wie diese zu beantworten, musste man in Pandemiezeiten auf Daten aus Israel und Großbritannien zurückgreifen. Dass sich das nun ändert, daran zweifelt Harald Oberhofer, Sprecher der Plattform Registerforschung, die sich für mehr Zugang der Wissenschaft zu nicht auf einzelne Personen rückführbare Daten engagiert.

Folgen über aktuelle Regierung hinaus

Oberhofer verweist auf die Novelle des Gesundheitstelematik- und Epidemiegesetzes, konkret das Impfregister und seine Verknüpfung mit anderen Datensätzen: „Es wird genannt, welche Institutionen Zugang zu diesen verknüpften Registern haben sollen: der/die Gesundheitsminister:in, die Landeshauptleute und die Bezirksverwaltungsbehörden. Zusätzlich wird erwähnt, dass das Forschungsorganisationsgesetz auf diese verknüpften Daten keine Anwendung finden soll.“

Dieses Gesetz ist aber die Basis, dass die Wissenschaft mit diesen Informationen arbeiten darf, im Gegenzug dazu heißt es: Es werde „ausdrücklich klargestellt, dass wissenschaftliche Einrichtungen im Rahmen der Registerforschung keinen Zugang zu [gemäß Abs. zwei] verknüpften Daten haben“.

Die Regelung habe Folgen weit über die aktuelle Regierung hinaus, so Oberhofer: „Wenn das Gesetz so kommt, können diese verknüpften Datensätze nicht einmal durch eine Verordnung des Gesundheitsministers der Wissenschaft zur Verfügung gestellt werden. Das würde bedeuten: Die jetzige Bundesregierung behindert auch zukünftige Gesundheitsminister in dieser Frage, denn man müsste zunächst das Gesetz ändern, wenn man dann später vielleicht doch diese Daten der Wissenschaft zur Verfügung stellen möchte.“ Das hat die Plattform Registerforschung auch in ihrer Stellungnahme zur Novelle festgehalten.

Eltern-Kind-Pass: Zuerst Verordnung nötig

Ebenfalls kritisch sehen die Plattform Registerforschung und Statistik Austria den Gesetzesentwurf zum elektronischen Eltern-Kind-Pass. Hier findet sich in den Erläuterungen ein Absatz, laut dem es zuerst eine Verordnung des Gesundheitsministeriums brauche, bevor die Wissenschaft mit den Daten arbeiten darf: „Aus unserer Sicht ist das rechtlich nicht notwendig, und deshalb irritiert natürlich diese Formulierung.“

Für seine Schlussfolgerung findet Oberhofer deutliche Worte: „Die Gesundheitskrise ist vorbei, die Frage von Wissenschaft und Forschung ist nicht mehr relevant. Es interessiert die Politik nicht, ob wir bessere Daten zu gesundheitswissenschaftlichen Fragen in diesem Land haben.“ Aus seiner Sicht heiße das: „Nichts gelernt aus der Krise. Und man wird sich bei der nächsten Gesundheitskrise wieder wundern, dass man plötzlich wieder keine Daten hat.“

Gesundheitsministerium: „Genaue Abwägung nötig“

Im Gesundheitsministerium wollte man auf Anfrage von Ö1 dazu kein Interview geben. Schriftlich teilt man zum Impfregister mit: „Da die Verarbeitung der Daten auf einer gesetzlichen Grundlage basiert, gilt es besonders genau abzuwägen, wie der Zugriff auf diese Daten geregelt wird und zu welchen Zwecken sie verwendet werden können.“ Zum elektronischen Eltern-Kind-Pass heißt es: „Es muss einerseits das Interesse der schwangeren Person an der Vertraulichkeit ihrer eigenen Gesundheitsdaten sichergestellt werden, genauso wie klar sein muss, dass für die bestmögliche medizinische Versorgung des Kindes eine vollständige Datengrundlage wichtig ist.“ Man versuche, diese beiden Aspekte in Einklang zu bringen.

Änderungen bei beiden Vorlagen seien bis zum Beschluss im Parlament noch möglich – ob seitens des Ministeriums Konkretes geplant ist, um den Zugang der Wissenschaft zu erleichtern bzw. zu ermöglichen, lässt sich aus der schriftlichen Reaktion nicht entnehmen.