Eine Frau durchwühlt einen Berg aus Plastikflaschen
AFP – LILLIAN SUWANRUMPHA
AFP – LILLIAN SUWANRUMPHA
Plastikindustrie

UNO fordert radikales Umdenken

Laut einem heute vorgelegten Bericht des UNO-Umweltprogramms (UNEP) ließe sich die weltweite Plastikverschmutzung bis zum Jahr 2040 um 80 Prozent verringern. Dafür stünden schon jetzt alle Ressourcen bereit. Voraussetzung seien allerdings tiefgreifende politische und marktwirtschaftliche Veränderungen hin zu einer Kreislaufwirtschaft.

Im Zentrum stehen Wiederverwendung, Recycling und eine Neuausrichtung der Produktion, um bei Kunststoffen eine Markttransformation von der Wegwerfwirtschaft hin zu einer Kreislaufwirtschaft in die Wege zu leiten.

Betont wird in dem „Turning off the Tap“ genannten UNEP-Bericht, dass alles unternommen werden muss, um Kunststoffrecycling profitabler zu machen, nachhaltige Kunststoffalternativen zu fördern und ein entsprechendes Verbraucherbewusstsein zu schaffen. Dafür brauche es Regulierungsinstrumente – die nicht nur zu einer Reihe von wirtschaftlichen Vorteilen führen, sondern auch die Schäden für die menschliche Gesundheit, die Umwelt und das Klima verringern sollen.

Wiederverwendung und Recycling

Allein durch die verstärkte Wiederverwendung von Plastik könnten demnach bis 2040 rund 30 Prozent Plastikmüll vermieden werden. Dabei verweist der Bericht unter anderem auf die Einführung von Pfandsystemen. Zudem könnten laut UNEP auch einfachere Lösungen wie die Verwendung von wiederbefüllbaren Flaschen für Seifen oder Putzmittel die Menge an Plastikmüll verringern.

Weitere 20 Prozent Plastikabfälle ließen sich durch mehr Recycling einsparen – vorausgesetzt, eine solche Müllverwertung werde in den kommenden Jahren profitabler. Verbindliche Richtlinien, die besonders schwer recycelbare Plastikverpackungen verhindern, wären dafür ein entscheidender Schritt, heißt es. Weiteres Potenzial sieht UNEP in Papier und anderen kompostierbaren Materialien als Ersatz für Plastikverpackungen. Diese könnten die Plastikverschmutzung um weitere 17 Prozent drücken.

Kreislaufwirtschaft lohnt sich

Wirtschaftlich würde sich der Umstieg auf eine Kreislaufwirtschaft laut UNEP lohnen. Dem Bericht zufolge könnten so bis 2040 weltweit 1,27 Billionen US-Dollar (1,17 Billionen Euro) bei der Plastikproduktion eingespart und zusätzliche Einnahmen durch das Recycling gewonnen werden. Gleichzeitig könnte die Einführung einer Kreislaufwirtschaft in den kommenden Jahren global 700 000 neue Arbeitsplätze schaffen.

Zudem würden in dem Zeitraum weitere 3,25 Billionen Dollar (2,99 Billionen Euro) an Kosten durch Umweltverschmutzung vermieden. Denn mit zunehmendem Plastikmüll steigt dem Bericht zufolge auch die Belastung für die Gesundheitssysteme. Ein Viertel der für die Plastikproduktion verwendeten Chemikalien seien gesundheitsgefährdend für den Menschen, heißt es.

Auch die jährlichen Kosten zur Instandhaltung der maritimen Ökosysteme sind dem Bericht zufolge enorm. Das UNEP schätzt diese auf bis zu 144 Milliarden US-Dollar (132 Mrd. Euro). Allein für die Beseitigung von Plastik aus den Ozeanen fallen demnach bis zu 1,4 Milliarden Dollar (1,3 Mrd. Euro) jährlich an. Und nicht zu vergessen: Die Plastikproduktion trägt kräftig zum Ausstoß von Treibhausgasen bei und verstärkt so den Klimawandel.

Vermeidung im Vordergrund

Der in Nairobi vorgestellte Bericht kann als Vorbereitung auf die von 29. Mai bis 2. Juni in Paris stattfindende zweite Verhandlungsrunde für ein globales Plastikabkommen der UNO gesehen werden. Die im vergangenen Jahr gestarteten Beratungen sollen in insgesamt fünf Etappen (die nächste Runde findet im November in Nairobi statt) erstmals ein internationales und rechtsverbindliches Abkommen zur Bekämpfung der weltweiten Verschmutzung durch Kunststoffe erarbeiten.

Dabei geht es nicht nur um die Beseitigung, sondern vor allem um die Vermeidung von Plastikmüll. Angestrebt werden etwa globale Verbote besonders schädlicher Kunststoffe, die schrittweise Reduzierung von Plastikneuproduktion samt verbindlicher Vorgaben sowie die Entwicklung von Recyclingsystemen und umweltfreundlichen Alternativen. Im Herbst 2024 soll bei der fünften Verhandlungsrunde in Südkorea das Plastikabkommen finalisiert werden und bereits 2025 in Kraft treten.