Waschbären in Buchenberg (Waidhofen/Ybbs), Universum Spezial
ORF/Landesstudio Niederösterreich/Nina Pöchhacker
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Erderwärmung

Waschbär und Marderhund auf Vormarsch

In Europa waren sie ursprünglich nicht heimisch, nun verbreiten sie sich aber aufgrund der Klimaerwärmung immer stärker: Waschbär und Marderhund werden zunehmend zum Problem. Einst für die Pelzgewinnung nach Europa gebracht, setzen sie nun heimische Ökosysteme und die Artenvielfalt unter Druck.

Am 30. November 1998 musste die letzte Pelztierfarm in Österreich schließen. Tierschützer hatten davor in einer medienwirksamen Aktion das Büro des damaligen niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll besetzt, der im Sinne der Aktivistinnen und Aktivisten agierte. Seit damals ist die Pelzproduktion bundesweit verboten – doch ihre Nutztiere sorgen in Österreich bis heute für Probleme.

Von der Pelzfarm in die Wildnis

Marderhunde und Waschbären wurden in der Zwischenkriegszeit für die Pelzgewinnung nach Europa gebracht. In den Wirren des Zweiten Weltkrieges und durch absichtliches Aussetzen gelangten viele Tiere in die freie Wildbahn. Dort gab es für sie kaum Konkurrenz und wenige Gefahren. So verbreiteten sie sich rasch und wurden Mitte des letzten Jahrhunderts erstmals auch in Österreich nachgewiesen. Tierarten, die – wie Marderhund und Waschbär – nach der Entdeckung Amerikas und des damit aufkommenden Warenverkehrs durch den Menschen außerhalb ihres ursprünglich heimischen Gebiets verbreitet wurden, werden Neozoen genannt.

Waschbären in Buchenberg (Waidhofen/Ybbs), Universum Spezial
ORF/Landesstudio Niederösterreich/Nina Pöchhacker
Der Waschbär ist ein Anpassungskünstler

Vor allem der ursprünglich aus Nordamerika stammende Waschbär ist ein raffinierter Anpassungskünstler, wie Wildtierbiologe Klaus Hackländer von der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien erklärt: „Er agiert opportunistisch und wenig wählerisch. Im Herbst frisst er Beeren und Pilze. Die Waschbären durchwühlen auch Mistkübel, plündern Mäusenester oder die Nester von Bodenbrütern.“ Seit den 1970er Jahren sind Waschbären bis auf das Burgenland in jedem Bundesland zu finden. Und so setzen sie in Österreich ohnehin schon bedrohte Tierarten noch mehr unter Druck.

Sendungshinweis

„Universum Spezial“ zeigt die Doku „Klima wandelt Wildnis – Zwischen Anpassung und Artensterben“ am 30.5., 20.15 Uhr, in ORF2.

Waschbärplage in der Steiermark

Die genauen Bestände von Marderhunden und Waschbären sind in Österreich nicht bekannt. Sie gelten noch als selten. Fest steht nur, dass ihre Population kontinuierlich steigt. Im Dezember 2021 bemerkten beispielsweise Jäger im weststeirischen Wies, im Bezirk Deutschlandsberg, dass es auffallend wenig Niederwild gab. Vor allem an Fasanen und Enten fehlte es plötzlich. Fotofallen überführten alsbald einen mindestens vierköpfigen Waschbärclan als möglichen Verursacher.

Franz Paulitsch, ein Jäger aus Wies, hatte bis dahin noch keinen Waschbären in seinem Revier gesichtet. Er versuchte die Tiere zunächst einzufangen. Zwei Mal ging ein Waschbär sogar in die Falle, entkam jedoch immer wieder auf raffinierte Art und Weise, wie Paulitsch zugeben musste: „Sie gehen hinein, fressen sich zuerst mit den dort ausgelegten Äpfeln satt und rasten dann. Anschließend heben sie die Tür mit dem Kopf aus und spazieren wieder raus.“

Mittlerweile konnte laut dem Deutschlandsberger Bezirksjägermeister Hans Silberschneider mindestens ein Waschbär erlegt werden. Der Rest des tierischen Clans zog weiter, dürfte sich jedoch noch immer im Bezirk befinden. „Erst im vergangenen März ging ein Waschbär im weststeirischen Soboth an der Grenze zu Kärnten in eine Fotofalle, allerdings auf 1.000 Meter Seehöhe,“ so Silberschneider.

Viele Tierarten müssen sich anpassen

Um zu überleben, müssen sich viele Tierarten rasant anpassen, Alpenbewohner wie Murmeltier und Gämse genauso wie das Symbol der Klimakrise, der Eisbär in der Arktis.

Marderhund verdrängt heimischen Fuchs

Äußerlich dem Waschbären ähnlich, jedoch aus dem fernen Asien stammend, konkurriert der Marderhund mit dem heimischen Fuchs, so Wildtierbiologe Hackländer: „Wenn ein Marderhund in ein Gebiet hineinkommt, dann gibt es zukünftig viele Marderhunde und etwas weniger Füchse, aber in Summe mehr hungrige Mäuler.“ Doch nicht nur als Konkurrent setzt der Marderhund dem Fuchs und anderen Tieren zu: Er kann außerdem den Fuchsbandwurm, den Dachsspulwurm und andere Parasiten übertragen.

Marderhund
Kirill – stock.adobe.com
Der Marderhund konkurriert mit dem Fuchs

Klimaerwärmung begünstigt Verbreitung

Aufgrund der milden Winter wird eine weitere Verbreitung sowie ein Populationsanstieg der beiden Neozoen begünstigt, erklärt Hackländer: „Aktuell sind sie eher in den tiefen Lagen zu finden, grob gesagt im Donauraum. Es kann sein, wenn sie den optimalen Lebensraum besiedelt haben, dass sie von dort auch in suboptimalere Lebensräume abwandern, die mit dem Klimawandel dann optimal werden.“

2016 wurden Waschbär und Marderhund gemeinsam mit 21 anderen invasiven Tierarten in der EU auf eine schwarze Liste gesetzt, da sie erhebliche Nachteile für die Umwelt auf diesem Kontinent bedeuten. Die Verbreitung all dieser Neozoen wird seither aktiv eingedämmt. In Österreich dürfen die beiden Tierarten beispielsweise ganzjährig gejagt werden. Eine Ausrottung hierzulande ist nach Meinung der Forscherinnen und Forscher aber längst unmöglich.