Nervenzelle, Gehirn
ktsdesign – stock.adobe.com
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Stimulation

Mit Ultraschall in den Winterschlaf

Um Energie zu sparen, fallen manche Tiere in Winterstarre oder Winterschlaf. Einem Forschungsteam ist es jetzt gelungen, Mäuse und Ratten mittels Ultraschall in einen vergleichbaren Zustand zu versetzen. Womöglich lassen sich eines Tages auf ähnliche Weise lange Raumflüge überbrücken.

In der kalten Jahreszeit oder bei mangelhafter Versorgung, fallen manche Säugetiere und Vögel kurz- oder langfristig in eine Art Starre. Das nennt man Torpor oder Winterschlaf. Dabei sinkt die Körpertemperatur deutlich, der Stoffwechsel stellt sich um und wird langsamer. Dieser Zustand ist sehr energiesparend und kann von wenigen Stunden bis zu einigen Monaten – wie das beim echten Winterschlaf der Fall ist – dauern. Man geht davon aus, dass der Zustand von bestimmten Nervenzellen im Hypothalamus, einer Gehirnregion, gesteuert wird.

Die Idee, einen vergleichbaren Zustand auch bei Menschen künstlich zu erzeugen, gibt es seit vielen Jahrzehnten, etwa für Patienten und Patientinnen in lebensbedrohlichen Situationen oder für monatelange Raumflüge, wie etwa zum Mars. Einem US-Forschungsteam um Yaoheng Yang von der Washington University ist nun ein dafür wesentlicher Schritt gelungen, allerdings vorerst nur bei Mäusen und Ratten. Wie die Forscherinnen und Forscher nun im Fachmagazin „Nature Metabolism“ berichten, haben sie es mit einer nicht-invasiven Methode geschafft, die zuständigen Neuronen von außen zu manipulieren.

Künstlicher Ruhezustand

Mit kurzen zehn Sekunden langen Ultraschallimpulsen wurde zuerst die für Winterruhe zuständige Gehirnregion bei Mäusen aktiviert. Die Quelle war auf den Köpfen montiert, sodass sich die Tiere frei bewegen konnten. Tatsächlich dürfte die Stimulation der Nervenzellen eine Reihe an körperlichen Prozessen angestoßen haben: Die Körpertemperatur sank unmittelbar um drei bis dreieinhalb Grad Celsius. Der Herzschlag verlangsamte sich und der Körper der weiblichen und männlichen Mäuse verbrauchte deutlich weniger Sauerstoff. Der Stoffwechsel wechselte von Zucker- auf Fettverbrennung. Innerhalb von zwei Stunden haben sich alle Körperfunktionen wieder normalisiert.

Ultraschall erzeugt Winterschlaf

Forschervideo erklärt, wie das funktioniert

Anschließend konstruierte das Team ein automatisiertes System, dass den Ultraschallsender steuert. Immer, wenn die Körpertemperatur der Tiere wieder stieg, wurde ein neuer Impuls gesendet. So ist es laut den Forscherinnen und Forschern gelungen, den Torpor-artigen Zustand für 24 Stunde aufrechtzuerhalten. Körperliche Schäden oder Unbehagen waren nicht feststellbar.

Auch für Menschen?

Getestet wurde die Methode auch an Ratten. Wie erwartet, sank bei ihnen die Körpertemperatur nicht so stark ab, nur um ein bis zwei Grad Celsius. Die Tiere machen nämlich natürlicherweise keinen Winterschlaf. Das lege nahe, dass die Stimulation durch Ultraschallimpulse generell auch bei gleichwarmen Tieren etwas auslöst. Die Methode könnte sich also womöglich für den menschliche Körper ebenfalls eignen, der eigentlich keine vergleichbaren Ruhemodus kennt.

Wie die Studienautoren und -autorinnen abschließend schreiben, habe die Methode tatsächlich das Potenzial, um das lang gesuchte Ziel zu erreichen, auch Menschen in eine Art künstlichen Winterschlaf zu versetzen, zum Beispiel für sehr lange Raumflüge. Im Gegensatz zu früher verfolgten Ansätzen, etwa mit Hilfe von Medikamenten, sei Ultraschall dabei relativ sicher. Bis es allerdings soweit ist, müsse noch sehr viel geforscht werden.