Afrikanische Waldelefanten
AFP – AMAURY HAUCHARD
AFP – AMAURY HAUCHARD
CoV-Lockdowns

Mehr Bewegungsfreiheit für Tiere

Die eingeschränkte Mobilität der Menschen während der Coronavirus-Lockdowns hat Wildtieren mehr Bewegungsfreiheit gegeben, wie eine Studie zeigt. Dort, wo strenge Maßnahmen ergriffen wurden und es damit auch weniger Verkehr gab, legten etwa Elefanten, Giraffen, Bären und Hirsche deutlich längere Strecken zurück als im Jahr davor.

Zudem hielten sie sich näher an Straßen auf, heißt es in der Studie, die nun im Fachjournal „Science“ veröffentlicht wurde. Das Ergebnis mache die Umweltauswirkungen des Autoverkehrs deutlich, so das internationale Forschungsteam.

In zahlreichen Medienberichten wurde auf das geänderte Verhalten von Tieren angesichts der massiv reduzierten menschlichen Aktivitäten während der Coronavirus-Lockdowns hingewiesen. Wildziegen grasten in Blumenbeeten von Llandudno in Wales, Bären wagten sich in Südtirol weiter in die Täler, Pumas streiften durch die Straßen von Santiago de Chile. „Wir wollten wissen: Gibt es dafür Beweise? Oder haben die Menschen einfach besser aufgepasst, wenn sie zu Hause waren?“, so Marlee Tucker, Ökologin an der Radboud-Universität in den Niederlanden in einer Aussendung.

Unter ihrer Leitung wertete ein großes internationales Forscherteam die Bewegungsdaten von 2.300 mit GPS-Sendern ausgestatteten Landsäugetieren aus aller Welt aus. Dabei handelte es sich um 43 verschiedene Arten, von Elefanten und Giraffen bis hin zu Bären und Hirschen. Dann verglichen sie das Verhalten der Tiere in den ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 mit dem Vergleichszeitraum im Jahr davor. Eingeflossen sind auch Daten aus Österreich.

Direkte Reaktion auf menschliches Verhalten

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten fest, dass die Tiere während der Lockdowns in einem Zeitraum von zehn Tagen bis zu 73 Prozent längere Strecken zurücklegten als 2019, als es keine Restriktionen gab. Weiters bewegten sich die Tiere im Schnitt um 36 Prozent näher an Straßen als im Jahr davor. „Das liegt wahrscheinlich daran, dass diese Straßen während der strengen Lockdowns ruhiger waren“, so Tucker. Zudem hielten sich während der strengen Pandemie-bedingten Einschränkungen weniger Menschen im Freien auf, was den Tieren die Möglichkeit gab, neue Gebiete zu erkunden.

Im Gegensatz dazu beobachteten die Forscherinnen und Forscher in Regionen mit weniger strengen Regelungen, dass die Tiere kürzere Strecken zurücklegten. Das könnte damit zusammenhängen, dass die Menschen während der Lockdowns verstärkt in die Natur gingen, vermuten die Forscher. Für Tucker lässt die direkte Reaktion der Tiere auf Veränderungen im menschlichen Verhalten jedenfalls für die Zukunft hoffen: „Im Prinzip bedeutet dies, dass sich eine Anpassung unseres eigenen Verhaltens positiv auf die Tiere auswirken könnte“.

Daten zu Rotwild in Kärnten

Aus Österreich lieferte Horst Leitner vom Büro für Wildökologie und Forstwirtschaft in Klagenfurt Daten aus zwei Telemetriestudien mit Rotwild – eine in Kärnten im Bereich Gerlitzen und Mirnock im Bezirk Villach und eine in Deutschland im Bereich Ruhpolding. Bei diesen Tieren seien ihm diese Unterschiede nicht aufgefallen, so Leitner gegenüber der APA. Der Wert der „Science“-Studie bestehe wohl in der großen Stichprobe. „Wir haben aber von Jägern nicht jagdliche Störungen aufzeichnen lassen und da ist das Jahr 2020 im Vergleich mit 2021 im Zeitraum von Mai bis Dezember mit einer deutlich erhöhten Frequenz von Erholungsuchenden im Wald hervorgestochen“, so Leitner.

Auch Petra Kaczensky vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinische Universität Wien hat Daten von asiatischen Wildesel aus der Wüste Gobi im Süden der Mongolei für die Studie geliefert. Auch sie hat – wenig überraschend ob der Region – keine Verhaltensänderungen während der Lockdowns festgestellt.