Dem soeben veröffentlichten Bericht zufolge entstehen weltweit so viele neue Gebäude, dass rechnerisch alle fünf Tage eine Stadt von der Größe der französischen Hauptstadt Paris hinzukommt. Der Bausektor sei derzeit insgesamt für 37 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Bis 2060 soll sich die Bodenfläche ebenso wie die Verwendung von Rohstoffen nach Schätzungen so gut wie verdoppeln.
„Bis vor Kurzem wurden die meisten Gebäude aus lokal gewonnener Erde, Stein, Holz und Bambus gebaut. Doch moderne Materialien wie Beton und Stahl vermitteln oft nur die Illusion von Dauerhaftigkeit, landen meist auf Mülldeponien und tragen zur wachsenden Klimakrise bei“, erklärte die Direktorin der UNEP-Abteilung Industrie und Wirtschaft, Sheila Aggarwal-Khan.
Keine Neubauten und Recycling
Der Ansatz der Experten sieht vor, Neubauten möglichst zu vermeiden und die Wiederverwendung von Bausubstanzen zu fördern, biologische Rohstoffe wie Nutzholz, Bambus und Biomasse aus nachhaltiger Herkunft zu nutzen und Baustoffe wie Beton, Stahl oder Glas klimafreundlicher zu produzieren, etwa durch den Gebrauch erneuerbarer Energien bei der Herstellung sowie durch Recycling und innovative Technologien.
Bislang fokussiere sich der Ansatz zur CO2-Vermeidung bei Gebäuden hauptsächlich auf ihre Funktion, nachdem sie bereits gebaut seien – etwa beim Heizen, Kühlen oder Beleuchten. Doch während der CO2-Ausstoß dort dank erneuerbarer Energien absehbar zurückgehen werde, wachse er durch die Bautätigkeit rasant an.
Für aufstrebende Länder sei es daher umso wichtiger, dass sie die nicht nachhaltigen Bautechnologien des vergangenen Jahrhunderts übersprängen, heißt es im Bericht. Industrieländer sollten stärker auf die Umnutzung bestehender Gebäude und Wiederverwendung statt auf Abriss und Neubau setzen. Schon vor dem Bau könne geplant werden, wie sich ein Gebäude wieder auseinandernehmen und die Elemente anschließend weiterverwenden ließen.
Gebäude der Zukunft
Würden gar Baumaterialien genutzt, die selbst Kohlendioxid speicherten, könnten Gebäude demnach in Zukunft sogar CO2-negativ werden – also rechnerisch in ihrer Entstehung insgesamt mehr Treibhausgase einsparen als ausstoßen. Auch Holz und Bambus hätten bereits einen deutlichen Effekt, da sie im Laufe ihres Wachstums Kohlendioxid zu Biomasse umwandelten und damit selbst CO2-Speicher seien.
Die Nutzung von Biomaterialien wie Holz und Bambus und landwirtschaftlichen Nebenprodukten sei möglicherweise „unsere beste Hoffnung auf eine radikale Dekarbonisierung“, meinen die Autoren und Autorinnen. Die Verlagerung hin zu biobasierten Baustoffen könne zu Einsparungen in diesem Sektor von bis zu 40 Prozent des CO2-Ausstoßes bis 2050 in vielen Regionen führen, selbst im Vergleich zu Einsparungen durch eine emissionsarme Herstellung von Beton und Stahl.
Großer Fußabdruck
Allein die drei Materialien Beton, Stahl und Aluminium seien für fast ein Viertel (23 Prozent) der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Betongebrauch habe sich in den vergangenen 65 Jahren verzehnfacht. Im Jahr 2020 wurden weltweit 4,3 Milliarden Tonnen Zement produziert, dem wichtigsten Bestandteil von Beton.
Um bis 2060 Klimaneutralität bei Beton zu erhalten, müsse der gewöhnliche Portlandzement durch regional verfügbare Alternativen aus Nebenprodukten von Landwirtschaft, Forst oder Industrie ersetzt werden. Jährlich würden Schätzungen zufolge 140 Gigatonnen (Milliarden Tonnen) Biomasse als Abfallprodukte entstehen und auf Müllhalden landen oder zur Energiegewinnung verbrannt. Dies sei eine Verschwendung einer Bauressource, die zur CO2-Speicherung beitragen könnte, argumentieren die Experten.