Nerven, Neuronen, Netzwerken
solvod – stock.adobe.com
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Neurologie

Gehirn: Netzwerk für Sucht entdeckt

Ein bestimmtes Netzwerk im Gehirn soll laut einer neuen Studie mit der Sucht nach Alkohol, Nikotin, Kokain, Heroin und anderen Substanzen zusammenhängen. Mit einer Therapieform, die genau auf diesen neuronalen Schaltkreis abzielt, könnte laut dem Forschungsteam Sucht behandelt werden – unabhängig von der Substanz.

Für die Studie wurden Daten aus 144 früheren Forschungsarbeiten analysiert. In diesen waren Substanzkonsumstörungen, also die körperliche und psychische Abhängigkeit von Alkohol, Nikotin, Medikamenten und illegalen Drogen, mittels Neuroimaging untersucht worden. Neuroimaging macht es möglich, Vorgänge im Nervensystem bildhaft darzustellen.

Weil in diesen Arbeiten unterschiedliche Gehirnregionen mit Sucht in Verbindung gebracht wurden, sei es schwierig gewesen, einen Bereich zu ermitteln, auf den eine mögliche Behandlung abzielen kann, so Erstautor Jacob Stubbs von der University of British Columbia in einer Aussendung. Bei der Auswertung der Daten fand das Forschungsteam aber Auffälligkeiten, die einem gemeinsamen neuronalen Netzwerk im Gehirn zugeordnet werden konnten.

Art der Substanz macht keinen Unterschied

Weil Sucht in den untersuchten früheren Forschungsarbeiten mit den verschiedensten Gehirnregionen in Zusammenhang gebracht wurden, habe man anfangs nicht damit gerechnet, ein gemeinsames neuronales Netzwerk zu finden, so die Studienautoren. Letztendlich sei es aber doch gelungen, einen bestimmten Schaltkreis zu ermitteln.

„Die verschiedenen Gehirnregionen, die bei Sucht eine Rolle spielen, sind alle Teil dieses gemeinsamen Gehirnnetzwerkes“, so Koautor Michael Fox vom Center for Brain Circuit Therapeutics am Brigham and Women’s Hospital in Boston, USA. Bei Sucht spielt demnach nicht eine bestimmte Gehirnregion eine Rolle, sondern ein neuronales Netzwerk, das Menschen mit Substanzkonsumstörungen gemeinsam haben.

Das Team untersuchte auch den Zusammenhang mit verschiedenen Substanzen und stellte fest, dass das Netzwerk immer das gleiche ist – ganz gleich ob jemand von Alkohol, Nikotin, Medikamenten, Kokain oder Heroin abhängig ist.

Therapie mit Magnetfeldern

Das bedeute, „dass wir jetzt ein neuronales Netz haben, auf das wir mit Behandlungen abzielen können“, so Fox. Behandlungen wie die Neurostimulation, eine Therapieform bei der Nerven durch Stromimpulse stimuliert, aber auch gehemmt werden können. Die Studienautoren erwähnen insbesondere die transkranielle Magnetstimulation: ein nichtinvasives Verfahren, bei dem Magnetfelder auf Bereiche des Gehirns wirken.

Durch die Ergebnisse der Studie, die nun im Fachjournal „Nature Mental Health“ veröffentlicht wurde, sei die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Suchtkrankheiten mittels dieser Form der Therapie, die beispielsweise bereits bei Migräne und Epilepsie eingesetzt wird, einen Schritt näher gerückt.