Nanopartikel entsäuern Papier

In österreichischen Archiven und Bibliotheken existieren kilometerlange Bestände von Papier, das durch seinen niedrigen pH-Wert sehr spröde geworden ist. Eine neue Methode soll den Verfall stoppen: Unter Zuhilfenahme von Nanopartikeln können die Papiere entsäuert und gerettet werden.

Europaweit wurde ab Mitte des 19. Jahrhunderts sogenanntes Holzschliffpapier hergestellt, das in den Händen heutiger Benutzer zu zerbrechen droht. Das hat laut Mitteilung der Universität Graz seine Ursache darin, dass ab den 1880er-Jahren Alaun als Hilfsmittel in der Papierproduktion eingesetzt wurde.

Schon in den 1950er-Jahren zeigten sich die ersten Folgen: „Die chemische Verbindung zerfällt, eines der Zerfallsprodukte ist Schwefelsäure, die wiederum die Zellulose zerstört“, schilderte der Grazer Chemiker Volker Ribitsch, Experte für natürlichen Polysaccharide, zu denen u. a. auch die Zellulose gehört. Darüber hinaus fördern allgegenwärtige Mikroorganismen die Zersetzung des Materials.

Entsäuerung dringend nötig

Schätzungen zufolge warten alleine in den österreichischen Archiven rund 1, 3 Millionen Dokumenten auf eine „Entsäuerung“: Unter ihnen unwiederbringliche Schriftstücke aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, aber auch wertvolle Bücher. In Europa dürften solcherart rund 40 Millionen Papiere bedroht sein.

Bisher entwickelte Verfahren, die gleichzeitig entsäuern, die mechanische Stabilität erhöhen und zusätzlich auch noch antimikrobielle Eigenschaften besitzen, haben allesamt keine zufriedenstellenden Ergebnisse gebracht. Das bewog Projektleiterin Patricia Engel von der Donau-Universität Krems vor drei Jahren dazu, mit Unterstützung der Forschungsförderungsgesellschaft FFG ein eigenes Projekt zu initiieren. Mit Partnern, die Erfahrung mit der Papierentsäuerung, der Zellulosechemie und flüchtigen organischen Lösungsmitteln haben, wurde ein spezielles Verfahren entwickelt. Diese könnte die Anforderungen der Papierrestauratoren wirklich erfüllen.

Mobiles Gerät

„Eine Kombination aus Nanopartikeln aus Magnesium- und Kalziumverbindungen mit einer aus einer Zellulose-Verbindung bestehenden Hülle durchdringt unter Druck das ganze Buch“, wie Ribitsch das von ihm erfundene und von der Uni Graz patentierte Verfahren umriss. Dabei bleiben sowohl gedruckte Buchstaben als auch Bilder unverändert. Da die Methode ohne wässrige Lösungsmittel auskomme, sei auch kein langwieriger und teurer Trockenprozess notwendig.

Nun soll das Verfahren in die Anwendung gehen. Die Entwicklung eines technischen Prototyps werde vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft mit 150.000 Euro unterstützt. „Es soll ein mobiles Gerät werden, das den Einsatz an Ort und Stelle ermöglicht und die Methode einfacher, nachhaltiger und kostengünstiger gestaltet als andere“, so Ribitsch. Laut Plan soll die Anlage im Herbst fertiggestellt sein.

science.ORF.at/APA

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