Freunde am Lachen erkennen
Lachen ist eine zutiefst menschliche Gefühlsäußerung. Nur manche unserer engsten Verwandten unter den Primaten haben ein ähnliches, aber weitaus weniger differenziertes Signal in ihrem Repertoire. Gelächter ist ein überwiegend positiver Ausdruck, kann in Ausnahmefällen aber auch als Drohgebärde dienen.
In jedem Fall ist Lachen eine höchst soziale Angelegenheit; das zeigt sich auch darin, dass Menschen in Gesellschaft etwa 30 Mal häufiger lachen als alleine. Und es wirkt ansteckend. Zudem hängt es vom sozialen Kontext ab: Freunde lachen mehr miteinander als Fremde, befreundete Frauen häufiger als Männer.
Zur Studie
„Detecting affilation in colaughter across 24 societies“, PNAS, 11.4.2016.
Die positive Gefühlsäußerung hat laut den Forschern um Gregory A. Bryant von der University of California die Entwicklung der menschlichen Kooperationsfähigkeit mit Sicherheit erleichtert. Möglicherweise diene der Gefühlsausdruck aber nicht nur der Verständigung mit dem Gegenüber und innerhalb der Gruppe.
Wie sie in einer soeben veröffentlichten Studie schreiben, könnte es auch ein Signal für unbeteiligte Außenstehende sein, etwa um blitzschnell zu erkennen, in welcher Beziehung die Lachenden zueinander stehen und wie sehr sie miteinander verbunden sind. Die soziale Funktion ginge in diesem Fall bedeutend weiter als angenommen.
Lachende Freundinnen erkennbar
Ob dem tatsächlich so ist, hat das Team mit Soundbeispielen untersucht. Dafür wurden jeweils zwei US-amerikanische Personen, die miteinander lachten, aufgezeichnet. 48 ultrakurze Ausschnitte aus diesem gemeinsamen Gelächter wurden dann insgesamt 966 Teilnehmern aus 24 unterschiedlichen Gesellschaften aus allen Weltgegenden vorgespielt, darunter Studierende an der Universität Wien genauso wie Angehörige der tansanischen Volksgruppe Hadza.
Zwei lachende Frauen, befreundet
Zwei lachende Frauen, einander fremd
Alle sollten anhand der Lachausschnitte beurteilen, ob die gemeinsam Lachenden Freunde oder einander Fremde waren. Und sie taten das mit einer erstaunlichen Treffsicherheit. 61 Prozent der Einschätzungen waren den Forschern zufolge korrekt. Noch höher war die Erfolgsrate bei der Beurteilung der weiblichen Lacher. In 70 Prozent der Fälle konnten die internationalen Probanden Freundinnen identifizieren.
Das liegt laut den Autoren auch an einer generellen Tendenz, lachende Frauen eher als Freundinnen wahrzunehmen. Bei den Männern dürfte es genau umgekehrt sein, hier war die Treffsicherheit bei den Fremden höher. Auf der Seite der Hörer hoben die Frauen ebenfalls den Schnitt, sie waren bei der richtigen Einschätzung generell etwas besser als ihre männlichen Kollegen.
Zwei lachende Männer, befreundet
Zwei lachende Männer, einander fremd
Aber woran haben die Teilnehmer das zwischenmenschliche Verhältnis eigentlich erkannt? Immerhin stammen sie aus völlig verschiedenen Kulturen. Die Forscher haben einige lautliche Eigenschaften ausgemacht, die eine Erkennung ermöglichen bzw. erleichtern könnten. Dazu zählen unter anderem die Tonhöhe, Unregelmäßigkeiten in der Lautstärke und die Kürze der einzelnen Lacher.
Falsches und echtes Lachen?
Ö1 Sendungshinweis
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 12.4., 13:55 Uhr.
Noch wichtiger ist laut den Forschern aber die Frage, wozu wir diese Fähigkeit überhaupt besitzen. Mit Hilfe der Sprache haben sich menschliche Gesellschaften zu hochkomplexen sozialen Gebilden entwickelt. Wieso verlässt sich der Mensch dennoch auf so einfache akustische und emotionale Signale, die lange vor der Sprache seine Beziehungen prägten? Noch dazu kann der Mensch durch die Sprache sehr gut imitieren: Auch ein Lachen lässt sich fälschen.
Möglicherweise habe sich die Wahrnehmung der Signale genau deswegen mitentwickelt, schreiben die Forscher. Denn zwischen echtem und falschem Lachen zu unterscheiden, sei im menschlichen Zusammenleben durchaus hilfreich.
Auf der anderen Seite sei aber auch das nicht ganz ernst gemeinte Lachen manchmal brauchbar: Ein freundliches Lächeln erleichtert so manchen Sozialkontakt. Lässt sich ein echtes Lachen also überhaupt glaubwürdig fälschen? Angesichts des treffsicheren Spürsinns scheint dies fast unmöglich.
Eva Obermüller, science.ORF.at