„Gutes“ Fett - gar nicht so gesund?

Butter und andere tierische Fette haben nicht den besten Ruf. Man sollte sie durch Pflanzenöle ersetzen, heißt es allenthalben. Diese Empfehlung könnte sich nun als Mythos entpuppen.

Seit Jahren raten Ernährungsexperten, tierische Fette wie Butter durch pflanzliche wie Maiskeim-, Sonnenblumen- oder Olivenöl zu ersetzen. Denn erstere enthalten mehrheitlich gesättigten Fettsäuren. Diese sollen den Cholesterinspiegel im Blut erhöhen - und dadurch steigt wiederum das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen - so besagt es zumindest die gängige Lehrmeinung. Fette mit vielen ungesättigten Fettsäuren sollen hingegen vor denselben Erkrankungen schützen.

Eine Reihe an epidemiologischen Studien stützt diese Theorie. Aber - und da liegt der Haken - ein kausaler Zusammenhang konnte laut den Forschern um Christopher E. Ramsden vom US-amerikanischen National Institute of Health noch nie nachgewiesen werden, obwohl seit über 50 Jahren zwischen den „guten“ und „bösen“ Fetten unterschieden wird.

Der Grund: Ein Mangel an geeigneten Studien. Für einen echten Beleg müsste man nämlich eine randomisierte kontrollierte Studie durchführen - der „Goldstandard“ der Forschung. In der Praxis ist das für Ernährungsfragen recht schwierig, da diese ja auch über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden sollten.

Risiko sinkt nicht

Das Team um Ramsden hat nun eine solche Untersuchung ausgegraben, die bereits vor 45 Jahren in einer stationären Einrichtung in Minnesota an Patienten und Krankenschwestern durchgeführt wurde, mit knapp 9.500 Teilnehmern, Studiendauer: 4,5 Jahre. In einer Studiengruppe wurden klassische Ernährungsfette wie Butter durch Maisöl und pflanzliche Margarine ersetzt, beide reich an Linolsäure, einer ungesättigten Fettsäure. Die andere Hälfte blieb bei der Standarddiät.

Wie erwartet, sank bei der Pflanzenfett-Fraktion der Cholesterinspiegel. Aber - wie die Neuauswertung der Daten auch zeigte - das hatte keine positiven Auswirkungen auf das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, im Gegenteil, das Risiko war sogar leicht gestiegen. Auch in anderen randomisierten Studien ließ sich laut den Forschern kein positiver Effekt entdecken.

Die Anzahl der verfügbaren Untersuchungen sei zwar begrenzt, schreiben die Autoren. Die existierenden Ergebnisse liefern jedenfalls keinen Beweis dafür, dass man vor Herzerkrankungen geschützt ist, wenn man tierische Fette durch solche mit einem hohen Anteil an bestimmten ungesättigten Fettsäuren ersetzt.

Cholesterin gar nicht böse?

Dieser Umstand nährt Zweifel, die in den vergangenen Jahren rund um Cholesterin aufgetaucht sind. In den USA wurden im vergangenen Jahr sogar die diesbezüglichen Ernährungsbeschränkungen offiziell aufgehoben. Auch die Autoren der aktuellen Studie schreiben, dass der Cholesterinspiegel wohl kein geeigneter Biomarker für Herz-Kreislauferkrankungen ist.

Auf der anderen Seite wisse man nicht, welche anderen biochemischen Prozesse durch die geänderte Ernährung angestoßen werden - womöglich auch nachteilige. Daher mahnen die Forscher ihre Kollegen zu mehr Bescheidenheit: Biologische Systeme seien eben ziemlich komplex und über das Zusammenspiel von Körper und Ernährung wisse man im Allgemeinen noch viel zu wenig für seriöse Empfehlungen.

Präzisere Untersuchungen sind wohl nötig, meint auch J. Lennert Veerman von der University of Queensland in einem begleitenden Editorial: „Während wir auf weitere Erklärungen warten, sollten wir mehr Fisch, Obst, Gemüse und Getreide konsumieren. Zu viel Salz, Zucker und Transfette sollten wir meiden - und vor allem nicht zu viel essen.“

Eva Obermüller, science.ORF.at

Mehr zum Thema: