Neuer Trend: „Stimmbrutzeln“

Kim Kardashian und Miley Cyrus zeigen vor, wie es geht: Junge amerikanische Frauen setzen zunehmend auf eine Stimmtechnik namens „vocal fry“, zu Deutsch etwa: „Stimmbrutzeln“. Der Trend beschäftigt nun auch die Wissenschaft.

Der Klang ist, rau, gebrochen - und gibt der Stimme, sofern kombiniert mit dem richtigen Augenaufschlag, etwas Verwundbares und Zerbrechliches. Böser formuliert könnte man auch sagen: „Vocal fry“ ist kultiviertes Krächzen.

Wie man auch immer zu diesem Manierismus stehen mag, amerikanische It-Girls jedenfalls finden ihn gut. Sie lassen ihre Stimmbänder mit dieser Vokalisierungstechnik flattern, Kim Kardashian spricht so, Miley Cyrus singt so - und viele andere, die ebenso prominent werden wollen, tun es ihnen gleich.

Nun nehmen sich auch Forscher des Phänomens an. „Hören sie sich irgendeine Platte von Britney Spears an. ‚Oh Baby Baby‘ - das ist fry“, sagt John Nix. Der Stimmforscher von der University of Texas hielt kürzlich beim Jahrestreffen der Acoustical Society of America einen Vortrag, in dem er seinen Fachkollegen erklärte, was das „vocal fry“ so besonders macht.

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Das akustische Alleinstellungsmerkmal ist Nix zufolge die regelmäßige Abfolge von ultrakurzen Pausen und sprunghaft anschwellenden Lauten. Stellen Sie sich ein in der Bratpfanne brutzelndes Schnitzel oder eine knarrende Türe vor - das ist der Sound, um den es geht.

Ins öffentliche Bewusstsein trat der Trend durch einen Artikel der „New York Times“ vor drei Jahren. Mittlerweile sind auch einige wissenschaftliche Studien zu diesem Thema erschienen, etwa eine im Fachjournal „Plos One“, in der Forscher der Duke University jungen Frauen davon abraten, ihre Stimme zu häufig „brutzeln“ zu lassen.

Denn das lasse sie weniger kompetent, gebildet und vertrauenswürdig erscheinen. Zumindest in Vorstellungsgesprächen, so das Resümee der Forscher, sei „vocal fry“ keine gute Idee. Die amerikanische Schriftstellerin Naomi Wolf erklärte die Angewohnheit letztes Jahr im „Guardian“ gar zu einem feministischen Problemfall. Frauen, die mit gekünstelt krächzender Stimme sprächen, riskierten nicht ernst genommen zu werden, so Wolf.

John Nix indes rät seinen Studenten und Studentinnen, sich die Technik als Ausdrucksmittel anzueignen. „Ich möchte, dass sie das ‚vocal fry‘ in ihrem Repertorie haben. Aber ich sage auch: Setzt es überlegt und sparsam ein. Behaltet es euch für Momente auf, in denen ihr etwas ausdrücken wollt.“

Robert Czepel, science.ORF.at

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