Chamäleons haben Superkleber-Speichel

Ihre Zunge schnellt rasant auf die Beute zu und verschwindet ebenso rasch wieder im Maul. Chamäleons sind hervorragende Jäger - doch wie erreichen sie, dass ihr Opfer an der Zunge haften bleibt? Durch extrem zähen und klebrigen Speichel, wie Forscher nun herausgefunden haben.

Chamäleons lauern ihrer Beute regungslos auf. Sobald ein Tier nahe genug kommt, aktiviert das Chamäleon einen Muskelkomplex, der die Zunge blitzschnell aus dem Maul schießen lässt. Sie streckt sich bis zu doppelter Körperlänge und schnalzt dann sofort zurück (siehe Video). Chamäleons fangen so Tiere ganz unterschiedlicher Größe - von der Ameise bis zur Eidechse.

Bisher hatten Wissenschaftler angenommen, dass sich die Beute an der Oberfläche der Zunge verhakt oder dass sie festgesaugt wird. Wissenschaftler um Pascal Damman von der Universität Mons in Belgien zeigen nun, dass die Chamäleons auf anderem Weg zum Erfolg kommen: Allein schon der Speichel ist offenbar klebrig genug, um den Fang zu sichern. Der Schleim auf der Zunge der Tiere sei 400 Mal zäher als menschlicher Speichel, rechnen die Forscher im Fachblatt „Nature Physics“ vor.

Damman und seine Kollegen hatten für ihre Studie ein kleines Glasplättchen vor die Beute eines Chamäleons gestellt und so den Schleim gesammelt, den das Tier bei einer Attacke dort zurückließ. Das vollgespeichelte Plättchen legten sie dann auf eine Schräge und ließen Metallkugeln darüber rollen. Die Viskosität, also die Zähflüssigkeit des Schleims, bestimmt, wie stark die Kugeln haften bleiben.

Chamäleon fängt mit seiner Zunge ein Insekt

WILLIAM WEST / AFP / picturedesk.com

Volltreffer: Gleich landet die Grille im Maul des Chamäleons

Die Ergebnisse verwendeten die Forscher für Modellrechnungen, die den Fangvorgang beschreiben. Sie berücksichtigten dabei zum Beispiel die Beschleunigung der Zunge beim Zurückschnellen und die Position und Masse der Beute auf der Zunge. Mit dem Modell wurde dann errechnet, wie groß ein Tier höchstens sein dürfte, damit ein Chamäleon es noch allein mit der klebrigen Zunge fangen kann.

Von Null auf Hundert in 0,01 Sekunden

Die Rechnungen verglichen die Forscher wiederum mit Angaben aus früheren Studien zum Mageninhalt bei Chamäleons verschiedener Arten - das Resultat: Die versierten Jäger könnten, wenn es nur nach der Klebrigkeit des Schleims ginge, noch viel größere Tiere fangen, als sie es tatsächlich tun. Den Chamäleons komme zunutze, dass sie ihre Zunge beim Fangvorgang kelchartig verbreitern, sodass eine große Klebefläche entsteht.

Chamäleons sorgen auch mit anderen Eigenschaften immer wieder für Erstaunen. Bei Analysen der Schleuderzunge haben Forscher etwa herausgefunden, dass die kleinste Art über die schnellste Zunge verfügt: Das maximal zehn Zentimeter lange Stachel-Zwergchamäleon beschleunigt seine Zunge innerhalb einer hundertstel Sekunde auf fast 100 Kilometer pro Stunde. Insgesamt dauert eine Attacke auf Beute nur zwei hundertstel Sekunden.

Über die spektakulären Farbwechsel der Tiere haben Wissenschaftler herausgefunden, dass sie zumindest bei einigen Arten auch auf spezielle Nanostrukturen zurückgehen, die denen auf Schmetterlingsflügeln ähneln. Mit ihren Farbwechseln reagieren Chamäleons auf Licht und Wärme - sowie auf Artgenossen.

science.ORF.at/dpa

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