Ein Energydrink für mehr Ausdauer

Wenn der Körper hungert, stellt sich der Stoffwechsel um, damit er auch auf Fettreserven zurückgreifen kann. Forscher haben nun ein Getränk entwickelt, das diese Situation imitiert. Bei trainierten Radfahrern ließ sich damit die Ausdauer deutlich steigern.

Unter Sportlern und Diätprofis gilt sie als Wunderwaffe: die ketogene Diät. Sie lässt Fett schmelzen und Muskeln wachsen. Man muss allerdings dafür fast völlig auf Kohlenhydrate verzichten, darf nur Proteine und vor allem große Mengen an Fett zu sich nehmen. Der Hintergrund: Zucker ist die primäre, schnell verfügbare Energiequelle für den Körper. Fehlt der Nachschub, signalisiert er Hunger.

Der Organismus ist aber für Mangelsituationen gerüstet: Sind alle gespeicherten Kohlenhydrate aufgebraucht und werden die leeren Energiespeicher nicht wieder aufgefüllt, stellt er seinen Stoffwechsel um und kann die stillen Reserven verwerten. Die Leber wandelt Körperfett in sogenannte Ketone bzw. Ketonkörper um - Ketose nennt sich der nunmehr aktive Stoffwechselzustand. Anstelle der Glukose versorgen die Ketone dabei die Muskulatur und das Gehirn mit Energie.

Die ketogene Diät findet mitunter sogar therapeutische Anwendung: Erwiesenermaßen senkt sie bei manchen Epilepsieformen die Anfallshäufigkeit. Die fettreiche Ernährung soll aber auch bei manchen Krebsarten unterstützend wirken, indem sie die zuckerhungrigen Krebszellen aushungert. Auch bei Multipler Sklerose und Alzheimer wird eine positive Wirkung diskutiert. Die Belege für diese Zusammenhänge sind allerdings dürftig. Wegen ihrer Einseitigkeit und möglicher Nebenwirkungen ist die ketogene Diät generell umstritten.

Für Soldaten im Einsatz

Dennoch arbeiten Forscher daran, den alternativen Stoffwechsel gezielt zu nutzen. Die US-Militärforschungsagentur DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) stellte gar ein Forschungsbudget von zehn Millionen Dollar in Aussicht, für die Entwicklung ketonbasierter Lebensmittel. Die Idee: Anstatt die körpereigene Ketose anzustoßen, sollen Ketone direkt zu sich genommen werden. Herauskommen sollten möglichst wirkungsvolle Nahrungsmittel für Soldaten im Einsatz.

Das Team um Kieran Clarke von der University of Oxford hat sich dafür beworben und ein Ketonester-Getränk entwickelt. Die erste Wirksamkeitsstudie wurde soeben veröffentlicht.

Leistungssteigerung

39 Profiradfahrer wurden mehreren Leistungstests unterzogen. Laut den Forschern haben die Muskeln der Spitzenathleten tatsächlich die zugeführten Ketone verarbeitet. Im Vergleich zu Sportlern, die Fett bzw. Kohlenhydrate zu sich genommen hatten, konnten sie intensiver trainieren.

Das frühstückt Tour de France-Sieger Chris Froome während der Tour (via Twitter).

In einer halben Stunde schafften sie durchschnittlich 400 Meter mehr als ihre nicht mit Ketonen „gedopten“ Kollegen. Die Muskeln hatten außerdem weniger Laktat produziert, das beim Abbau von Glukose entsteht. Das Stoffwechselprodukt spürt man nach großen Anstrengungen: Die Beine sind müde und schwer, die Muskeln schmerzen.

Sportler-Stoffwechsel

„Die Zufuhr von Ketonen verhindert die Glykolyse, die Glykogen-Speicher werden nicht angegriffen und man produziert viel weniger Lactat“, wie Clarke den überraschenden Stoffwechsel der Athleten in einer Aussendung beschreibt. Auf diese Weise könne ein Läufer z.B. einen Marathon länger durchhalten. Danach habe er zudem weniger Schmerzen.

Für kurze, intensive Belastungen wie bei Sprintsportarten ist das Ketongetränk jedoch nicht geeignet, so die Forscherin. Denn der Körper braucht Sauerstoff, um die Ketone zu verarbeiten, über der anaeroben Schwelle bringen sie also nichts.

Ein Spin-Off-Unternehmen der Universität soll das Getränk nun für den Markt weiterentwickeln. Ob das Ausdauermittel bei untrainierten Menschen genauso wirkt, ist laut den Forschern allerdings fraglich. Denn die Muskeln der Athleten sind darauf trainiert, möglichst alle verfügbaren Energiequellen zu nutzen.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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