Beweise für Supernova liegen im Pazifik

Vor fast drei Millionen Jahren ist hunderte Lichtjahre entfernt von der Erde ein Stern explodiert. Überbleibsel davon hat ein Forscherteam mit Wiener Beteiligung nun auf der Erde gefunden - 3.000 Meter unter dem Meeresspiegel westlich von Peru.

Auf dem Ozeanboden liegt Schicht für Schicht die Geschichte der Erde abgelagert und - wie neue Funde zeigen - auch des Universums. Das zeigt die neue Studie, an der der Geophysiker Ramon Egli von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien beteiligt war: „Die Sedimente lagern sich dort regelmäßig und in Ruhe ab, ohne durch Strömungen oder andere Einflüsse vermischt zu werden.“ So entspricht eine Sedimentschicht von zwei Zentimetern dort einem Zeitraum von 1.000 Jahren.

Eisen-60: Überreste eines Sterns

In diesem dichtgedrängten Meeresarchiv haben die Forscher nun Eisen-60 (Fe-60) gefunden und damit winzige Überreste eines Sterns, der 300 Lichtjahre von der Erde entfernt explodiert ist und dessen radioaktiver Staub vor rund 2,8 Millionen Jahren auf die Erde traf. „Eisen-60 ist ein schwach radioaktives Isotop, das bei einer Supernova entsteht. Bisher wiesen nur Berechnungen darauf hin, nun haben wir Beweise“, so der Geophysiker gegenüber science.ORF.at.

Auch bei der Entstehung der Erde vor 4,6 Milliarden Jahren hat es vermutlich Eisen-60 gegeben. Heute ist davon nichts mehr übrig - mit einer Halbwertszeit von ca. 2,5 Millionen Jahren sind die ursprünglichen Erd-Isotope bereits zerfallen. Für die Forscher besteht also kein Zweifel, dass das gefundene Eisen-60 aus dem Weltall kommt.

Gigantische Sternstaubwolke

Dieser Fund gibt zudem Aufschluss darüber, wie sich diese Sternexplosion im Weltraum ausgedehnt hat. Bisher gingen Astronomen davon aus, dass eine Supernova aus dieser Entfernung die Erde wie eine Schockwelle trifft und das Material in kurzer Zeit auf die Erde rieseln müsste.

Die Spuren von Eisen-60 erzählen aber eine andere Geschichte - die Isotope befinden sich im Meeresboden nämlich über 26 Meter verteilt, was einer Zeit von 1,3 Millionen Jahren entspricht. Die Forscher schließen daraus, dass es sich bei dem Sternstaub um keine Wand, sondern um eine gigantische Wolke handelte, in der die Erde über eine Million Jahre gehüllt wurde. „Mit den alten Berechnungen ging man davon aus, dass sich die Erde bzw. das ganze Sonnensystem etwa 10.000 Jahre darin befand - also viel kürzer als es nun die Ergebnisse der aktuellen Bohrungen zeigen“, erklärt Egli.

“Radikal gesagt, sind wir alle Fachidioten“

Als Geophysiker gehört der Weltraum eigentlich nicht zu Eglis Fachbereich. „Bis ich den Anruf von Projektleiter Shawn Bishop erhielt, wusste ich auch nichts von Eisen-60 oder über die Details von Supernovae.“ Der Astronom Bishop von der TU München fand sich wiederum auf dem Meeresboden nur schlecht zurecht. „Diese Zusammenarbeit ist wirklich etwas Besonderes. Geo- und Astrophysiker haben normalerweise nichts miteinander zu tun, jeder kennt sich auch nur in seinem Spezialgebiet aus - hier aber dafür sehr gut. Radikal gesagt, sind wir alle Fachidioten“, erzählt Egli.

Ö1 Sendungshinweis

Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag in „Wissen aktuell“ am 9.8. um 13:55.

Schon bevor sich der Geophysiker an dem Forschungsprojekt von Bishop und Kollegen beteiligte, entdeckten Forscher im Jahr 2004 Eisen-60 in einer sogenannten Mangankruste im Zentralpazifik. Aufgrund der geringen Menge an Isotopen war es aber nicht möglich, den zeitlichen Ablauf zu bestimmen, so Egli. „Dort entsprechen 1.000 Jahre weniger als ein Millimeter. Das reichte gerade, um ein Signal nachzuweisen.“

Ein weiterer Versuch, Eisen-60 nahe Islands zu finden, scheiterte. „Das war der Moment, wo ich dazu kam - wir hatten also einen Befund und einen Gegenbeweis - das machte es natürlich sehr spannend.“

Weiter: Unterschiedliche Forschungswege

In ihrer weiteren Forschung werden die Wissenschaftler nun wieder getrennte Wege gehen und die Forschungsergebnisse unterschiedlich weiterverwerten: „Die Astrophysiker werden nun versuchen, noch andere und kleinere Isotope zu finden, um mehr über die Vorgänge im All herauszufinden und zu erklären, wie eine solche Sternstaubwolke im schwerelosen Raum entstehen konnte“, so Egli.

Der Geophysiker selbst möchte noch weiteres Eisen-60 auf der Erde finden, um so den Zyklus von Eisen auf der Erde zu beschreiben. „Eisen ist ein sehr wichtiges Element, das auch Einfluss auf Klimaverhältnisse hat bzw. indirekt darauf, wie viel CO2 in der Atmosphäre ist.“ Eine weitere Stelle mit Eisen-60 haben Forscher aus Wien bereits gefunden - im indischen Ozean.

Ruth Hutsteiner, science.ORF.at

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