Maya: Niedergang durch Wasserreservoirs
Die Mayas im heutigen Guatemala, Honduras und Südmexiko waren eine der höchstentwickelten Zivilisationen Amerikas. Im neunten Jahrhundert kam es aber zum Niedergang: Die Bevölkerungszahl sank rasant, Städte wurden verlassen und das ausgeklügelte Bewässerungssystem verfiel. Als eine mögliche Erklärung für den Untergang der Hochkultur gelten schon seit längerem Dürren, die dazu führten, dass die zur Zeit der Blüte stark gewachsene Zahl an Menschen nicht mehr ernährt werden konnte.
Die Studie
„Conceptualizing socio-hydrological drought processes: The case of the Maya collapse“, Water Resources Research, 16.8.2016
„Wasser beeinflusst die Gesellschaft und die Gesellschaft beeinflusst das Wasser“, erklärte Linda Kuil, Dissertantin von Günter Blöschl im FWF-Doktoratskolleg „Wasserwirtschaftliche Systeme“ an der Technischen Universität Wien in einer Aussendung. So bestimme der Wasservorrat, wie viel Nahrung zur Verfügung steht, und beeinflusse somit das Bevölkerungswachstum. Bei steigender Einwohnerzahl werde umgekehrt in den natürlichen Wasserkreislauf eingegriffen - etwa durch den Bau von Wasserreservoirs.
Zusammenspiel von Mensch und Natur
Die TU-Wissenschaftler versuchen, diese Wechselwirkungen zwischen soziologischen und hydrologischen Effekten in mathematische Modelle zu fassen. So können etwa zwischen vorhandener Nahrungsmenge und Geburtenrate mathematische Zusammenhänge hergestellt werden, oder zwischen den Erinnerungen an eine Dürre und der gesellschaftlichen Entscheidung, neue Wasserreservoirs zu bauen. Kombiniert man solche Zusammenhänge mit historischen oder aktuellen Daten, lassen sich verschiedene Szenarien des Zusammenspiels von Mensch und Natur berechnen.
AFP PHOTO/Pablo PORCIUNCULA
„Mit unserem Modell kann man nun analysieren, welche Auswirkungen die Wasserbautechnik der Maya auf ihre Gesellschaft hatte“, so Kuil. Wie sich zeigt, können Wassereservoirs tatsächlich helfen, kleinere Dürreperioden gut zu überstehen.
Technik macht verwundbar
Während die Bevölkerung in der Simulation ohne Wasservorräte nach einer Dürre zurückgeht, kann sie mit Reservoirs weiter wachsen. Doch genau das mache die Bevölkerung in bestimmten Fällen verwundbar: Wenn das Verhalten gleich bleibe, der Wasserbedarf pro Kopf also nicht gesenkt werde, aber die Bevölkerung weiter wachse, könne eine weitere Dürre zu einem Bevölkerungsrückgang führen. Und dieser sei dramatischer als er ohne Reservoirs gewesen wäre.
Es werde sich wohl nie eindeutig klären lassen, ob das tatsächlich der Grund für den Niedergang der Maya war, betonen die Forscher. Das Modell zeige aber, wie verwundbar eine technisierte Gesellschaft sein kann. „Wenn man es mit knappen Ressourcen zu tun hat, dann sind die scheinbar einfachsten Lösungen nicht immer die besten“, so Kuil. Ohne Verhaltensänderung und Reduktion des Verbrauchs könne es „trotz kluger technischer Lösungen passieren, dass die Gesellschaft nicht sicherer sondern im Gegenteil immer katastrophenanfälliger wird“.
science.ORF.at/APA