Dopamin – mehr als ein Glückshormon

Sie ist die Urenkelin des russischen Revolutionärs Leo Trotzki und gilt als wichtigste Suchtexpertin der USA: Nora Volkow. Bei einer Veranstaltung in Wien hat sie sich dem Dopamin gewidmet – der mehr ist als ein „Botenstoff des Glücks“, wie er oft bezeichnet wird.

Vom US-amerikanischen Wochenmagazin „Newsweek“ wird die 60-jährige Nora Volkow zu jenen 100 Menschen in der Welt gezählt, die die Welt nachhaltig verbessert haben. Denn Volkow habe viel zum Verständnis von Suchterkrankungen beigetragen, nämlich warum Süchtige – trotz des Wissens und des Leids, das ihre Sucht mit sich bringt – nicht im Stande sind, damit aufzuhören.

Es liegt zum Großteil am Botenstoff Dopamin, sagt die Leiterin des Washingtoner Antidrogen-Instituts NIDA. Und um zu verstehen, warum Dopamin eine solch zentrale Rolle spielt, müsse man wissen, dass unser ganzes menschliches Leben durch Dopamin beeinflusst wird. Funktioniert das Dopaminsystem in unserem Gehirn, dann sind wir motiviert, leistungsfähig, gut drauf und gesund. Funktioniert es nicht, bekommen wir Probleme.

Sucht führt zu gestörtem Dopaminhaushalt

Mit dem Wissen, wie wichtig Dopamin für unser seelisches und körperliches Gleichgewicht ist, könne man nicht anders, sagt Volkow, als sich eine simple Pille zu wünschen, die den Dopaminhaushalt im Gehirn stabil hält und reguliert: Nur leider gibt es diese nicht.

Ö1 Sendungshinweis

Über das Thema berichteten auch die Ö1 Journale, 7.9., 12:00 Uhr.

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Eine solche Pille könnte z.B. die Parkinson-Krankheit - die ja im Zusammenhang mit dem Absterben von Dopamin-produzierenden Zellen steht - heilen. Oder auch Menschen, die an einer Sucht erkrankt sind, nachhaltig helfen, sagt Volkow. Alle Suchterkrankungen - von Alkohol über Tabak, Marihuana bis hin zu Kokain und Heroin - greifen in das Dopamin-System in einem der ältesten Teile des Gehirns - dem Striatum ein.

Einige dieser Drogen zerstören es schneller, andere langsamer - aber sie tun es alle. Das sehe man mit Hilfe von bildgebenden Verfahren, die das Gehirn scannen; d. h. Suchtkranke, die aufhören wollen etwa Alkohol zu trinken, sind nicht willensschwach, vielmehr - vereinfacht gesagt - schreit ihr Körper nach Alkohol, um auf einen ganz normalen Dopaminspiegel zu kommen.

Auf der Suche nach Heilung

Es geht also für die Betroffenen nicht mehr darum, einen Kick durch ihre Droge zu bekommen, sondern sich einfach nur ganz normal und nicht zwanghaft zu fühlen. Das Problem ist also erkannt, es gibt auch wirksame Substanz- wie Verhaltenstherapien, aber eine Heilung - die Dopamin-Pille - ist noch lange nicht in Sicht.

Es wäre fantastisch, sagt Volkow, wenn wir eine Möglichkeit finden würden, wie wir die durch die Sucht veränderten Gehirnzellen wieder in ihren Ausgangszustand versetzen könnten. Volkow hofft, dass die Wissenschaft eines Tages das auch leisten wird können.

Gudrun Stindl, Ö1 Wissenschaft

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