Medizinnobelpreis an japanischen Zellbiologen
Osumi (häufig auch: Ohsumi) hat, wie die Nobelstiftung in einer Aussendung schreibt, die grundlegenden Mechanismen der Autophagie aufgeklärt. Das ist jener Vorgang, bei dem lebende Zellen ihre eigenen Bestandteile , etwa Proteine, abbauen und wiederverwerten. Die Autophagie dient nicht nur der Ordnung im Zellhaushalt, sondern auch der Gesunderhaltung des ganzen Körpers. Osumi, geboren 1945, arbeitet am Institute of Technology in Tokio.
Versuche mit Bäckerhefe
Bereits in den 60er Jahren hatten Wissenschaftler beobachtet, dass Zellen ihre eigenen Bestandteile abtransportieren und zerlegen können. Aber wie das funktioniert, war lange nicht geklärt.

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Yoshinori Osumi
„Yoshinori Osumi hat die Bäckerhefe benutzt, um die Gene für die Autophagie zu identifizieren. Er klärte in der Folge die der Selbstverdauung zugrunde liegenden Mechanismen in der Hefe auf - und wies nach, dass auch in unseren Zellen eine ähnliche Maschinerie benutzt wird“, hieß in der Begründung des Nobelpreiskomitees. Autophagie-Gene können auch Krankheiten verursachen, sie sind etwa an manchen Krebsleiden und neurologischen Störungen beteiligt.
Reaktion: Ein Seufzer
Osumi reagierte auf seine Auszeichnung mit einem Seufzen, wie Thomas Perlmann, Sekretär des Nobelkomitees am schwedischen Karolinska-Institut, nach der Verkündung erzählte. „Er wirkte überrascht, seine erste Reaktion war: ‚Ach‘ ... Ich glaube, er hat das wirklich nicht erwartet.“ Perlmann hatte kurz zuvor mit Osumi telefoniert. „Ich glaube, er war sehr erfreut. Es war sehr schön, mit ihm zu sprechen.“
Auf die Frage, warum er sich auf die Auflösung und nicht auf die Zusammensetzung von Proteinen fokussiert habe, sagte der Wissenschaftler dem japanischen Fernsehsender NHK: „Ich wollte etwas tun, das die anderen nicht taten.“

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Osumis Versuchsobjekt: die Bäckerhefe
Osumi ist bereits der dritte Japaner seit 2012, der den Medizinnobelpreis bekommt. Im vergangenen Jahr wurde der Biochemiker Satoshi Omura als einer von drei Forschern für seine Beiträge zur Parasitenbekämpfung ausgezeichnet. Der Stammzellenforscher Shinya Yamanaka erhielt 2012 den Nobelpreis zusammen mit dem Briten John Gurdon für die Rückprogrammierung erwachsener Körperzellen in den embryonalen Zustand.
Auch beim Physiknobelpreis sind die Japaner stark. Im vergangenen Jahr wurde Takaaki Kajita zusammen mit dem Kanadier Arthur McDonald für den Nachweis geehrt, dass Neutrino-Elementarteilchen eine Masse haben. Im Jahr zuvor bekamen die drei gebürtigen Japaner Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura für spezielle Leuchtdioden den Preis. Das Nobelkomitee wies am Montag darauf hin, dass die asiatische Forschung stark im Kommen sei.
Es folgen: Physik und Chemie
Der Medizinpreis war der Beginn des diesjährigen Nobelpreisreigens: Am Dienstag und Mittwoch werden die Träger des Physik- und des Chemienobelpreises benannt. Später folgen die Träger für den Friedens-, Literatur- und den von der schwedischen Reichsbank gestifteten Wirtschaftsnobelpreis.
Die feierliche Überreichung aller Auszeichnungen findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel. Die prestigeträchtigen Preise sind mit je acht Millionen schwedischen Kronen (etwa 830.000 Euro) dotiert und werden am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel, verliehen.
2015: Auszeichnung für Parasitenforscher
Im vergangenen Jahr ging die Hälfte des Medizinnobelpreises an die Chinesin Youyou Tu für die Entdeckung des Malaria-Wirkstoffs Artemisinin. Die andere Hälfte bekamen der gebürtige Ire William C. Campbell und der Japaner Satoshi Omura, die den Wirkstoff Avermectin entwickelten. Daraus entstanden Präparate gegen Parasitenerkrankungen in ärmeren Ländern wie Flussblindheit und lymphatische Filariose, die zu Elephantiasis führen kann.
Seit 1901 haben 210 Menschen den Medizinnobelpreis erhalten, darunter zwölf Frauen. Der erste ging an den deutschen Bakteriologen Emil Adolf von Behring für die Entdeckung einer Therapie gegen Diphtherie. Der jüngste Preisträger war bisher mit 32 Jahren Frederick G. Banting, der älteste war mit 87 Jahren Peyton Rous.
science.ORF.at/APA/dpa