Blumen riechen nach „Angstschweiß“

Die meisten Pflanzen bezahlen ihre Bestäuber mit Nektar, die Leuchterblume indes setzt auf ein chemisches Täuschungsmanöver: Sie ahmt den Geruch verängstigter Bienen nach - und fängt damit kleine Fliegen ein.

Wenn eine Honigbiene von einer Spinne attackiert wird, fährt sie nicht nur ihren Stachel aus, sondern setzt auch Alarm-Botenstoffe frei. Diese verteilen sich in der Luft und sollen ihre Nestgefährten dazu bringen, zu Hilfe zu eilen.

Nistfliegen auf toter Biene

Gernot Kunz

Nistfliegen tummeln sich auf einer toten Biene

Doch dieser Geruch zieht nicht nur Gefährten, sondern auch Schmarotzer an, wie Forscher um Stefan Dötterl von der Universität Salzburg herausgefunden haben. Bei den Schmarotzern handelt es sich um zwei Millimeter kleine Nistfliegen. „Noch während die Spinne an ihrer Beute frisst, konsumieren diese Futterdiebe aus der Honigbiene austretende Körperflüssigkeiten“, erklärt Dötterl.

Ein Umstand, der dem österreichisch-tschechischen Insektenforscher Joseph Mik schon im Jahr 1898 aufgefallen war: Er berichtete damals in der „Wiener Entomologischen Zeitung“, wie sich mehr als ein Dutzend der kleinen Desmometopa-Fliegen „mit einer gewissen Hast“ auf dem Kadaver einer wohl von einer Spinne getöteten Biene „herumtummelten und (...) mit ihren knieförmigen Rüsseln die Beute gierig betasteten“. Wie bzw. warum die Fliegen vom toten Bienenkörper angelockt wurden, konnte Mik damals nicht erklären.

In die Falle gegangen

Heute weiß man: Es ist der „Angstschweiß“ der Honigbienen, den die Nistfliegen attraktiv finden. Und das macht sich wiederum die Leuchterblume (Ceropegia sandersonii) zunutze. „Wir konnten feststellen, dass die Pflanze 33 Substanzen nachahmt, die angegriffene Bienen aus verschiedenen Kopf- und Hinterleibsdrüsen abgeben“, sagt Annemarie Heiduk, eine Co-Autorin der Studie.

„Die Fliegen erwarten sich ein Mahl, aber statt einer attackierten Honigbiene finden sie sich in Gefangenschaft der Leuchterblume. Sie werden von ihr ohne jegliche Belohnung zum Bestäuben missbraucht“, so Dötterl.

Die Blüten sind nämlich als Fallen konstruiert, mit denen die Leuchterblume Fliegen einfängt und festhält, bis sie den Pollen auf dem Fruchtblatt abgstreift haben. Erst nach etwa 24 Stunden gibt die Pflanze ihre Opfer frei, die sich, hungrig wie sie dann sind, erneut auf Futtersuche begeben müssen.

science.ORF.at/APA

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