Schwerelosigkeit schadet Hefezellen nicht

Schweizer Forscher haben ein „Weltraumbier“ gebraut. Die Hefezellen kultivierten sie zuvor unter Schwerelosigkeit. Der ernste Hintergrund des Versuchs: Auf langen Raumflügen müssen Lebensmittel produziert werden. Und aus Hefe könnte man auch Brot herstellen.

Das Team um Marcel Egli vom Kompetenzzentrum für biomedizinische Weltraumforschung und Technik der Hochschule Luzern untersuchen, wie sich lebende Hefezellen unter Schwerelosigkeit verhalten und auf zusätzlichen Stress wie beispielsweise hohe Temperaturen reagieren. Dabei geht es in erster Linie um grundlegende Erkenntnisse, wie lebende Zellen mit Stress umgehen, was auch für die Medizin interessant ist.

„Zero Gravity“-Hefe

Ein bisschen als „Abfall-Produkt“ dieser Forschung entstand die Idee, aus den in Schwerelosigkeit kultivierten Hefezellen ein Bier zu brauen. Man wollte wissen, ob sich die Hefezellen noch fürs Bierbrauen eignen, erklären die Forscher im Magazin der Hochschule.

Wie sich herausstellte, ist die „Zero Gravity“-Hefe durchaus noch für Bier geeignet. „Fein und süffig“ nannte Egli das Bier bei der Degustation, nachdem die Brauerei Luzern AG im Auftrag der Forschenden die ersten Liter gebraut hatte. Der Produktionsprozess sei normal verlaufen, und die Hefe habe ihre Eigenschaften für die Lebensmittelproduktion grundsätzlich nicht verändert, erklärte Egli.

Kein Bier auf ISS

Die Produktion von Lebensmitteln in Schwerelosigkeit ist ein aktuelles Thema in der Raumfahrt. Lange Weltallmissionen wie ein bemannter Flug zum Mars oder gar eine Kolonie auf dem Roten Planeten werfen Fragen zur Versorgung der Besatzung auf. So gab es bereits Versuche, Gemüse im Weltall zu züchten. Auch Algen und Pilze werden als Astronautennahrung für den Selbstanbau diskutiert.

Da sich auch Hefezellen zur Herstellung von Nahrungsmitteln eignen, hat die Idee mit dem Bier zumindest teilweise einen ernsthaften Hintergrund. Das Ziel der Übung sei natürlich nicht, dass Astronauten künftig an Bord ihres Raumschiffs Bier brauen und trinken, erklärte Egli gegenüber der Schweizer Nachrichtenagentur sda. „An Bord der Internationalen Raumstation ISS ist Alkohol verboten.“ Die Forschenden hätten aus den Hefezellen auch genauso gut Brot backen können.

„Space Bier“ zum Kaufen

Das Bier dürfte sich aber vermutlich besser vermarkten lassen: Egli und sein Team waren so angetan von den ersten Litern des „Space Biers“, wie sie es tauften, dass sie demnächst 1.500 Liter davon produzieren lassen wollen, um es zu verkaufen.

Gesundheitsbedenken gebe es bei den verwendeten Rahmenbedingungen des Experiments mit den Hefezellen keine. „Genauer untersuchen müsste man das aber bei Hefe, die über lange Zeit tatsächlich im Weltall kultiviert und dabei auch der kosmischen Strahlung ausgesetzt war“, so Egli. Dabei könnten sich nämlich Mutationen in den Zellen anhäufen, die die Hefe auf unerwünschte Art verändern.

science.ORF.at/APA/sda

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