Was Forscherkarrieren abheben lässt

Gibt es ein Geheimnis des wissenschaftlichen Erfolges? Wer in der Wissenschaft an der Spitze mitmischen will, braucht laut Statistikern eine gute Portion Glück - und das gewisse Etwas: den Q-Faktor.

Wenn es denn so einfach wäre, wie es uns Michael J. Fox einst weißmachen wollte. Erfolg lässt sich nicht erzwingen, sonst würden es ja alle machen. Gleichwohl: Irgendetwas haben die Einflussreichen und Erfolgreichen im Wissenschaftsbetrieb schon richtig gemacht, etwa originelle Experimente ersonnen, sich gut vernetzt und nicht zuletzt: ihre Leistungen auch wortgewandt verkauft.

Albert-Laszlo Barabasi von der Northeastern University wollte es nun genau wissen. Der ungarisch-amerikanische Netzwerkforscher hat mit seinen Kollegen mehr als eine halbe Million wissenschaftlicher Veröffentlichungen untersucht, und zwar hinsichtlich der Zitate, die sie in der Fachgemeinde bekommen haben.

Resümee der in „Science“ veröffentlichten Studie: Ob ein Wissenschaftler den großen Hit landet, also eine extrem einflussreiche Arbeit publiziert, ist mehr oder weniger dem Zufall geschuldet. Zufall insofern, als es dafür kein bevorzugtes Alter gibt, der Erfolg kann sich ebenso zu Beginn wie am Ende der Karriere einstellen - so er sich denn einstellt.

Lotterie des Erfolgs

Ein Papier in einem Fachjournal zu veröffentlichen sei ein bisschen so, „als würde man sich ein Lotterielos kaufen“, sagt Roberta Sinatra von der Central European University, eine Co-Autorin der Studie. Das heißt jedoch nicht, dass alle Wissenschaftskarrieren gleich verlaufen würden. Manche Forscher und Forscherinnen ragen aus der Masse heraus, sei es wegen ihrer fachlichen Exzellenz oder auch wegen ihres Geschicks, sich im sozialen Netzwerk zu behaupten.

Weltkarte und Linien, die auf die Herkunft von häufig zitierten Studien hinweisen

Mauro Martino, Roberta Sinatra

Häufig zitierte Studien und ihre Herkunft. Die Farben ordnen die Zitate zeitlich (gelb: 1900, rot: 2010)

Diese Fähigkeiten haben Barabasi und Sinatra nun in eine Maßzahl, den sogenannten Q-Faktor eingedampft. Nobelpreisträger haben etwa einen hohen Q-Faktor, weil ihre Arbeiten von den Kollegen oft zitiert werden - das ist es, was der Faktor letztlich misst.

Der Q-Faktor scheint in erster Näherung Erfolgreiche von weniger Erfolgreichen zu unterscheiden und er ändert sich interessanterweise im Laufe der Kariere auch nicht wesentlich. „Ich möchte es nicht ‚angeboren‘ nennen“, sagt Barabasi, „Es ist eine Kombination aus Fähigkeit und Bildung. Schon im Anfangsstadium einer Wissenschaftskarriere [die ersten zehn Jahre, Anm.] hat man einen Q-Faktor - und der bleibt immer der gleiche.“

Kann man Qualität messen?

Der Q-Faktor ist freilich nicht die erste Maßzahl, die eine Rangordnung im Wissenschaftsbetrieb über den Umweg der Zitate herstellen will. Derer gibt es viele, sie tragen Namen wie h-Index, m-Quotient und c-Wert - all diese Indizes und Quotienten sind ebenso beliebt wie umstritten.

Denn im Gegensatz zu dem schlichten Anspruch, die Resonanz in der Fachliteratur zu messen, werden sie mitunter so verwendet, als wären sie ein Maß für die Qualität von Wissenschaft.

Doch das sind sie nicht - und sollen es auch gar nicht sein: Letztlich sind sie Werkzeuge für Statistikaffine, etwa so wie die Einschaltquoten im Fernsehen oder die Hitparaden im Musikgeschäft. Das weiß freilich auch Barabasi. Er bemerkte kürzlich gegenüber dem Fachblatt „Science“, Wissenschaftler wegen ihres Q-Faktors in bessere und schlechtere einzuteilen, löse bei ihm „gemischte Gefühle“ aus.

Wofür das „Q“ im Q-Faktor steht, schreiben die Forscher in ihrer Arbeit übrigens nicht. Interpretationsvorschlag: Quantität, die gerne Qualität wäre.

Robert Czepel, science.ORF.at

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