Darf die Gen-Schere auch beim Menschen schneiden?

Das Erbgut aller Lebewesen exakt verändern: Das kann man mit der Gen-Schere „CRISPR/Cas“. Ob man sie auch bei Menschen einsetzen darf oder soll – darüber haben heute in Wien Bioethiker diskutiert.

Das Treffen von Experten aus Österreich, der Schweiz und Deutschland war höchst aktuell. Denn erst vor wenigen Tagen wurde die Gen-Schere in China erstmals bei einem Versuch an Menschen angewendet, wie science.ORF.at berichtet hat. Auch in den USA wird es in Kürze ähnliche klinische Studien geben, in Europa ist „CRISPR/Cas“ in der Grundlagenforschung weit verbreitet.

Veränderung in der Keimbahn verboten

Es ist leicht möglich, dass sie in der medizinischen Forschung schnell Fuß fassen wird, erklärte Christiane Druml, Vorsitzende der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt. Und zwar auch in Europa: In Schweden wollen etwa aktuell Forscher mit Hilfe der Gen-Schere Gründe für das Absterben von Embryonen im Mutterleib und die daraus folgende Unfruchtbarkeit der Eltern erforschen, so Andrea Büchler von der Schweizer Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin.

Veränderungen, die an Folgegenerationen weitergegeben werden, also in der Keimbahn, seien jedenfalls aktuell in Österreich und der Schweiz verboten. Bei der Therapie in „normalen“ Körperzellen (somatische Zellen) müsse man von Fall zu Fall unterscheiden. Das Regelwerk in Europa ist im weltweiten Vergleich sehr streng, erklärten die Expertinnen.

Kann eine große Chance sein

Man dürfe bei der Diskussion um mögliche Risiken nicht die Möglichkeiten der neuen Technik vergessen, meint Druml. „Es gibt im Krankenhausalltag viele Fälle, wo die Mediziner überhaupt keine Möglichkeiten haben, den Patienten ursächlich zu helfen, vielleicht tut sich hier mit der CRISPR/Cas-Technologie eine neue Chance auf.“

Wenn etwa ein möglicher Eingriff in die Keimbahn mit keinerlei Risiken verbunden ist, müsse man diskutieren, ob man nicht über Verbote, sondern über Gebote sprechen müsste. Kann man etwa an Zystischer Fibrose (Mukoviszidose) erkrankte Personen samt ihrer Nachkommen beinahe risikolos von dem Leiden befreien, wäre es ethisch vielleicht schwer vertretbar, ihnen diese Möglichkeit vorzuenthalten.

science.ORF.at/APA

Mehr zu dem Thema: