Im Zeichen von Pfizer

Der US-Konzern Pfizer hat 2015 in Österreich knapp 27 Mio. Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben - den Großteil für eine klinische Studie über ein Brustkrebsmedikament. Sind die Ärzte an Österreichs Krankenhäusern damit abhängig von Pfizer?

In seiner Veröffentlichung über Sponsorgelder schreibt der amerikanische Pfizer-Konzern nur, dass er für Forschung und Entwicklung 26,7 Millionen Euro in Österreich ausgegeben hat. Auf Nachfrage erklärt Pfizer-Österreich-Chef Robin Rumler: Der Großteil floss in eine klinische Studie der ABCSG, der Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group. „Die ABCSG hat Weltruf erworben, so dass sie aus Österreich heraus 24 Länder managen kann und hier das Daten-, Patienten- und Projekt-Management macht. Hier sollen 4.600 Patienten in die Studie eingeschlossen werden“, Rumler.

24 Staaten, 500 Patientinnen in Österreich

Pharmageld:

105 Millionen Euro sind 2015 von der Pharmaindustrie in das österreichische Gesundheitssystem geflossen. Darin enthalten sind Ausgaben für Forschungsprojekte, Sponsoring, Spenden und Stiftungen für Krankenanstalten sowie Überweisungen an Ärzte für Vorträge, Beratungen, Spesen und Fortbildungen (23,2 Millionen Euro). Das hat ein Team aus ORF, „Der Standard“ und gemeinnützigem Recherchezentrum Correctiv.org herausgefunden.

Weitere Millionen werden fließen, über Österreich auch in andere Staaten. Im Rahmen eines 15-Jahres-Vertrags koordinieren 50 ABCSG-Mitarbeiter in Österreich die Studie bis Mexiko und Australien. Mit dabei sind 18 österreichische Spitäler und 500 Patientinnen in Österreich. Getestet wird, ob ein Medikament von Pfizer - ein Zellzyklus-Hemmer, der schon gegen hormonabhängigen Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium zugelassen ist - auch früher wirkt, erklärt ABCSG-Präsident Michael Gnant von der medizinischen Universität Wien.

Ziel sei, „dieses Medikament vorbeugend nach Operationen bei an sich geheilten Patientinnen einzusetzen, um zu verhindern, dass die Krankheit wiederkehrt. Damit soll letztlich die Heilungsrate erhöht werden.“

Wer zahlt, schafft an?

Logisches Ziel von Pfizer ist natürlich auch, die Einnahmen durch das Medikament zu erhöhen. Gottfried Endel, Experte für evidenz-basierte Medizin im Hauptverband der Sozialversicherungsträger meint: „Ich nehme einmal an, Pfizer hat sich genau durchgerechnet, wer so eine Studie durchzuführen bereit ist. Damit gilt durchaus: Wer zahlt, schafft an.“

Ö1 Sendungshinweis

Über das Thema berichtete auch das Mittagsjournal am 1.12.2016 (Audio sieben Tage verfügbar).

Der Chirurg und ABCSG-Präsident Michael Gnant sagt aber über seine Pallas-Studie: "Die Datenkontrolle muss im akademischen Bereich liegen und nicht beim Industrieunternehmen. Alle Projekte müssen von den Ethikkommissionen genehmigt werden. Dieses Modell trägt wesentlich zur Glaubwürdigkeit der Ergebnisse bei, weil man ja der Industrie - zu Recht oder zu Unrecht - auch unterstellen könnte, dass wirtschaftliche Interessen wichtiger sind.“

Laut Gnant gibt es andere große Pharmaunternehmen, die Studien auch selbst durchführen. Aus seiner Sicht wirft das mehr Fragen auf als bei der beschriebenen Kooperation im sogenannten Pallas-Projekt.

„Keine persönliche Abhängigkeit von Pfizer“

Auf die Frage, ob er sich abhängig fühlt oder beeinflussbar durch Pfizer, meint Gnant: „Ich fühle mich von Pfizer überhaupt nicht abhängig. Ich habe keine Pfizer-Aktien, ich achte streng darauf - das ist mir in dem Zusammenhang wichtig-, dass ich von Pfizer während dieser Studie persönlich überhaupt kein Geld bekomme und mit Pfizer keine persönliche wirtschaftliche Beziehung habe.“

Der ABCSG-Präsident würde sich mehr staatlich finanzierte klinische Forschung wünschen. Österreich sei da peinliches EU-Schlusslicht. Hauptverbandsexperte Endel hingegen sagt, indirekt zahle der Staat mit. Denn im Rahmen von Studien würden Patientinnen und Patienten etwa per Computertomographie oder Krebsmarker öfter untersucht.

Das zahle das Gesundheitssystem: „Es ist nicht in Ordnung, dass immer davon gesprochen wird, dass die Forschung ja ausschließlich firmenfinanziert sei. Es ist die Forschung auch von den Gesundheitssystemen finanziert. Besonders bedenklich ist es dann, wenn mit dieser Firmenfinanzierung sehr hohe Preise (nach der Zulassung, Anm.) gerechtfertigt werden.“

Risiken und Chancen

Für die an der Studie teilnehmenden Brustkrebspatientinnen sieht der Hauptverbandsexperte übrigens Risiken und Chancen: Da gebe es einerseits die Unsicherheit, ob sie das Medikament überhaupt bekommen oder in der Vergleichsgruppe sind, die eine Standard-Therapie erhält. Andererseits, so Endel, werden Behandlung und Erkrankung im Rahmen von Studien besonders genau beobachtet, das sei für die Patientinnen – unabhängig von der Wirkung des getesteten Medikaments – auf jeden Fall ein Vorteil.

Bernt Koschuh, Elke Ziegler, Ö1

Bisherige Berichte über Pharmahonorare:

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