Debatte über Sex mit Robotern

In der Industrie gehören Roboter längst zum Alltag, nun sollen die Maschinen auch „sozial“ werden. Wohin führt diese Entwicklung? Gar bis zum Sex mit Maschinen? Das geht zu weit, meinen Kritiker.

Erste Versionen von Sexrobotern sind bereits auf dem Markt. Das Modell „Roxxxy“ der amerikanischen Firma True Companion etwa hat die Optik einer Gummipuppe, es kann laut Angaben des Herstellers reden, zuhören und reagiert sogar auf Berührungen.

Sexroboter wie „Roxxxy“ wirken freilich noch wenig lebensecht und sind zudem einem stereotypen Frauenbild nachempfunden. Neben der Sexindustrie beschäftigt sich neuerdings auch die Wissenschaft mit diesem umstrittenen Thema: Bei einem internationalen Kongress in London diskutieren diese Woche Forscher das Für und Wider von „Liebe und Sex mit Robotern“.

Douglas Hines, Entwickler des Sexroboters "Roxxxy", adjustiert den Kopf des Maschinenmenschen

ROBYN BECK / AFP / picturedesk.com

Douglas Hines, der Entwickler von „Roxxxy“, bringt den Kopf der humanoiden Maschine in Position

Die Fürsprecher der Sexmaschinen glauben, dass sie dabei helfen könnten, Prostitution einzudämmen, Sexunterricht zu geben und sogar Therapien zu ermöglichen. Vor allem könnten die Roboter denjenigen Menschen ein Sexualleben ermöglichen, die bislang leer ausgehen, glaubt Kate Devlin.

Die Hochschuldozentin für Computing an der Universität von London ist eine der Verantwortlichen hinter dem Kongress. Sie sagt: „Sexroboter müssen gar nicht aussehen wie Menschen, wir sind momentan nur darauf festgefahren.“

„Man braucht andere Menschen“

Doch es gibt auch Kritiker der Roboter-Liebe. Kathleen Richardson, Initiatorin der „Kampagne gegen Sexroboter“, fordert einen Entwicklungsstopp. Sie befürchtet negative gesellschaftliche Folgen. „Es lässt die Idee zu, menschliche Beziehungen seien optional, und alle Bedürfnisse könnten von Maschinen gestillt werden. Aber das stimmt nicht. Man braucht andere Menschen“, sagt sie.

Außerdem könnte der Einsatz von Sex-Robotern dazu beitragen, dass Menschen, vor allem Frauen, noch stärker als ohnehin schon auf Objekte reduziert werden. Dauerhaft könnte das zu mehr Ungleichheit und zu Verlust von Empathie führen, fürchtet Richardson.

David Levy, Experte für Künstliche Intelligenz (KI) und Autor eines einschlägigen Buches, sieht Sexroboter nicht zwangsläufig als Ersatz für menschliche Liebesbeziehungen, eher als Alternative oder Ergänzung. Die Frage sei, ob eine Beziehung mit einem Roboter besser wäre als gar keine Beziehung. Technologie ist bereits integraler Bestandteil des alltäglichen Lebens und wird dominanter. Doch möchte man Sie auch in Roboterform im Bett haben?

Frage spaltet die Gesellschaft

Die Entwicklung von intelligenter künstlicher Sexualität bringt etliche - auch ethische und politische - Fragen mit sich. „Wir befinden uns in einem frühen Stadium, wir haben all diese Fragen, die wir noch nicht beantworten können“, so Devlin.

Ihre größte Sorge sei das Sammeln sehr persönlicher Daten. Das erfolgt heute schon teilweise bei Sexspielzeug und könnte beispielsweise für Versicherungen interessant sein.

Wie bei allen neuen Technologien zeige sich auch hier „das Auseinanderfallen kulturpessimistischer Positionen und den eher optimistisch-gelassenen Ansichten“, bringt der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) Martin Dannecker die Problematik auf den Punkt. Die DGfS habe sich zum Phänomen noch keine Position erarbeitet.

„Sex mit Robotern wird kommen“

Laut KI-Experte Levy ist die Entwicklung von Sexrobotern unaufhaltsam und bis spätestens 2050 Realität. Computing-Dozentin Devlin hält Sex mit Robotern für „eine Entwicklung, die kommen wird“, daher sei es besser „frühzeitig einzusteigen, um sie mitzuformen“, sagte sie in Bezug auf Produkte der Sex-Industrie. Wer weiß, welche Firmen nicht schon längst daran arbeiten.

Wenn es nach Devlin geht, soll es nicht nur um Sex, sondern auch um Liebe gehen. Vielleicht könnten die Maschinen der Zukunft irgendwann dank künstlicher Intelligenz sogar Gefühle und eine Art Bewusstsein ihrer selbst entwickeln. Auf die hypothetische Frage, ob sie ihre Tochter einen Roboter heiraten lassen würde, antwortet Devlin daher: „Ja warum nicht? Wenn es sie glücklich machen würde.“

Katrin Kasper, dpa

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