Die optimale Distanz für Bioinvasoren

Die optimale Distanz für Bioinvasoren beträgt rund 10.000 Kilometer. Aus dieser - im globalen Maßstab mittleren - Entfernung kommen Forschern zufolge besonders viele eingeschleppte Arten. Die Ausbreitung nichtheimischer Arten folge einfachen Gesetzen.

Der globalisierte Handel und Verkehr hat in den vergangenen Jahrzehnten zu einer raschen Ausbreitung von Arten geführt. Pflanzen und Tiere kamen in Gebiete, die sie ohne Hilfe des Menschen nie erreicht hätten. Diese eingeschleppten Arten (Neobiota) können schwerwiegende Konsequenzen haben, wenn sie etwa einheimische Arten verdrängen.

Hanno Seebens vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres an der Universität Oldenburg hat gemeinsam mit Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien und Kollegen die weltweite Ausbreitung von 1.380 Neobiota untersucht. Sie entwickelten ein Computermodell, das die internationalen Handelsströme und die globale Verteilung der Arten abbildet, und fanden dabei ein deutliches Muster.

Hohe Einschleppungswahrscheinlichkeit

Besonders viele eingeschleppte Arten kommen aus Gebieten, die etwa 10.000 Kilometer von der neuen Heimat entfernt sind. „Bei dieser Distanz gibt es die höchste Einschleppungswahrscheinlichkeit“, so Essl gegenüber der APA.

Der Biodiversitätsforscher nennt als Beispiele einige prominente Neobiota in Österreich, die diese Entfernung gut widerspiegeln: etwa der Asiatische Marienkäfer und der Götterbaum aus dem asiatischen Raum oder das bei Allergikern verhasste Ragweed aus Nordamerika. Dagegen wurden vergleichsweise wenige Arten aus europäischen Ländern eingeschleppt.

Das ist auf den ersten Blick paradox, denn der Handel nimmt mit der Entfernung ab. Die Spitzenwerte im Warenaustausch liegen zwischen benachbarten Ländern, Österreichs wichtigster Handelspartner etwa ist Deutschland.

Der Grund dafür, dass über kurze Distanzen von weniger als 3.000 Kilometern kaum Arten verschleppt werden, ist die Ähnlichkeit der Artengemeinschaften. Natürlich würden durch den intensiven Handel auch über geringere Entfernungen Pflanzen und Tiere in Nachbarländer gelangen, weil dort aber dieselben Arten vorkommen, bleibe dieser Prozess üblicherweise unbemerkt.

Unterschiedliche Mobilität

Mit zunehmender Entfernung nimmt die Handelsintensität ab, gleichzeitig nehmen die Unterschiede in der Artenzusammensetzung zu. „Diese beiden Prozesse, die die Verschleppung der Arten mitprägen, treffen sich bei mittleren Entfernungen von rund 10.000 Kilometern so, dass sich hier die höchste Verschleppungswahrscheinlichkeit von Arten ergibt“, sagte Essl.

Dabei gibt es Unterschiede zwischen Pflanzen und Tiergruppen: Fische, Reptilien und bis zu einem gewissen Grad auch Säugetiere verbreiten sich der Studie zufolge mit höherer Wahrscheinlichkeit vor allem über kürzere Distanzen (weniger als 3.000 Kilometer), während für Pflanzen und Vögel eher die mittleren Distanzen von 10.000 Kilometer prägend seien.

Die Forscher führen dies auf das unterschiedliche Ausbreitungspotenzial der verschiedenen Gruppen zurück. So könne etwa für wenig mobile Gruppen wie Reptilien der Handel auch über kürzere Distanzen sehr effizient Ausbreitungsbarrieren überwinden. Für die viel mobileren Vögel spiele dies dagegen kaum eine Rolle.

Die Forscher hoffen, mit Hilfe solcher Modelle die Einschleppung fremder Arten künftig nicht nur besser zu verstehen, sondern auch effizienter reduzieren zu können. „Sie können wichtige Informationen geben, wo die großen Risiken zu suchen sind“, sagte Essl.

science.ORF.at/APA

Mehr zum Thema