TU Wien: Biografien von NS-Opfern

„Abgelehnt“, „Nicht tragbar“: Mit solchen Formulierungen wurde Studierenden der Technischen Hochschule Wien ab März 1938 die Fortsetzung des Studiums verweigert. Die TU Wien veröffentlicht nun ihre Biografien.

Bereits 1923 führte die Technische Hochschule Wien, der Vorläufer der heutigen TU Wien, einen antisemitischen Numerus Clausus ein. Sie war damit die erste Hochschule im gesamten deutschen Sprachraum, die den Zugang von jüdischen Studierenden begrenzte.

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Das Buch „Abgelehnt“ … „Nicht tragbar“ wird heute Abend um 19 Uhr im Jüdischen Museum Wien vorgestellt. Das Buch ist als Band 11 der Veröffentlichungen des Universitätsarchivs der TU Wien erscheinen.

Das Archiv der TU Wien hat nun erstmals die Namen jener Universitätsangehörigen recherchiert, die ab der Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1938 der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt waren und versammelt deren Biographien in einem soeben erschienenen Buch.

Biographie mit Lücken

Die Historiker Juliane Mikoletzky, Alexandra Wieser und Paulus Ebner vom Universitätsarchiv der Technischen Universität Wien haben bisher 265 Studierende recherchiert, die vom NS-Regime geschädigt worden sind. Ein Beispiel, ist der Maschinenwesen-Student Friedrich Blumenschein. „Er wurde aufgrund sogenannte rassischer Gründe ab 1940 nicht mehr zum Weiterstudium zugelassen“, sagt der Historiker und Archivar Paulus Ebner: „Wir wissen nicht, was er dann bis 1944 gemacht hat, aber sehr spannend wird es dann im Jänner 1945. Da wird Blumenschein wegen Betätigung für die Tito-Partisanen verhaftet. Er dürfte also innerhalb des kommunistischen Widerstandes aktiv gewesen sind.“

Biografie Blumenschein

Universitätsarchiv der TU Wien

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 15.3. um13:55

Blumenschein saß in der Todeszelle, als er im April von den Russen befreit wurde. Nach Mai 1945 wird Friedrich Blumenschein der erste Vorsitzende der Demokratischen Studentenschaft an der TH Wien, das ist der Vorläufer der Österreichischen Hochschülerschaft.

Online-Datenbank in Vorbereitung

Neben dem TU-Archiv waren die Datenbanken von Yad Vashem und des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes, wie auch US-amerikanische Ahnendatenbanken, wesentliche Quellen für die Forscher. Der soeben erschienene Band mit den Opferbiographien ist ein vorläufiges Ergebnis.

In einer Online-Datenbank, die demnächst öffentlich zugänglich gemacht werden soll, sind weitere Namen verzeichnet. Sie umfasst insgesamt 1.100 Einträge von geschädigten Personen oder Opfern des NS-Regimes, die Angehörige der TH Wien waren. Die Historikerin Juliane Mikoletzky, langjährige Archivarin der TU: „Es gibt immer noch einige, wo es einfach nicht möglich war, irgendetwas herauszufinden. Ein bisschen hoffen wir auch von diesem Projekt, dass sich das jemand abschaut, liest und sagt: `Jö, das ist mein Großonkel und ich kann ganz genau sagen, was passiert ist´“.

Tanja Malle, Ö1 Wissenschaft

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