Getaktete innere Uhr hebt Bewusstsein

Das Bewusstseinsniveau von Wachkoma-Patienten steigt, je besser die innere Uhr im 24-Stunden-Rhythmus getaktet ist, zeigt eine Studie. Ein Teil der Patienten reagiert zudem positiv auf eine tägliche Stimulation mit hellem Licht mit höherem Blauanteil.

Die innere Uhr steuert im 24-Stunden-Rhythmus viele Körperfunktionen wie Herzfrequenz, Hormonabgabe, Hungergefühl, Blutdruck, Körpertemperatur und Schlaf-Wach-Rhythmus. Die zentrale Schaltstelle dieser „zirkadianen Uhr“ befindet sich im Gehirn, konkret im Nucleus suprachiasmaticus. Gesteuert wird sie vor allem durch Licht.

„Welch grundlegenden Einfluss dieser zirkadiane Rhythmus auf biologische und psychologische Körperfunktionen hat, merkt man etwa beim Jetlag nach Langstreckenflügen“, sagt die Psychologin Christine Blume vom Centre for Cognitive Neuroscience der Universität Salzburg gegenüber der APA. Dennoch würde man die Bedeutung der inneren Uhr oft ignorieren, auch im medizinischen Bereich.

Schwankende Körpertemperatur

Blume hat sich gemeinsam mit ihrem Kollegen Manuel Schabus und einem Team aus Ärzten und Psychologen erstmals die Bedeutung der zirkadianen Uhr für das Bewusstsein bei Patienten mit Bewusstseinsstörungen nach schweren Hirnschäden untersucht. Konkret waren das Patienten im Wachkoma - sie wirken wach, haben ihre Augen teilweise geöffnet, verfügen aber aller Wahrscheinlichkeit nach über kein Bewusstsein - und solche im Zustand minimalen Bewusstseins. Bei diesen finden sich Hinweise auf das Vorhandensein von Bewusstsein, sie können etwa einen sich bewegenden Gegenstand fixieren oder eine Bewegung auf Kommando ausführen.

Bei gesunden Menschen folgen die täglichen Schwankungen der Körpertemperatur einem ziemlich exakten 24-Stunden-Rhythmus. Meist ist sie am frühen Morgen am niedrigsten und gegen 16.00 Uhr am höchsten, der Unterschied kann bis zu zwei Grad Celsius ausmachen. Dabei gilt: je höher die Körpertemperatur, desto höher auch die kognitive Leistungsfähigkeit.

Tageszeit entscheidend

Bei den von den Forschern untersuchten 18 Patienten im Wachkoma oder im Zustand minimalen Bewusstseins variierte die Länge der Temperaturrhythmen zwischen 23,5 und 26,3 Stunden. Zudem haben die Forscher das Bewusstheitsniveau jedes Patienten mit einem bestimmten Test untersucht, der Hinweise auf eine mögliche Genesung nach einem Koma gibt. Dabei werden u.a. die Reaktionen auf Geräusche geprüft und die Fähigkeit, die Augen mit oder ohne Stimulation durch den Untersucher zu öffnen. Es zeigte sich, dass jene Patienten bessere Testergebnisse erreichten, deren Körpertemperatur-Schwankungen eher jenen von gesunden Menschen mit relativ exaktem 24-Stunden-Rhythmus entsprachen, so Blume.

Die Psychologin empfiehlt daher Ärzten, zirkadiane Rhythmen im diagnostischen Prozess nicht außer Acht zu lassen. „Die Tageszeit, zu der Patienten untersucht werden, könnte entscheidend dafür sein, wie eine Diagnose ausfällt und damit auch die Therapieoptionen“, so Blume.

Mehr Licht

Zudem sollte für Patienten eine Umgebung geschaffen werden, die das natürliche Muster von Licht und Dunkelheit nachahmt, um einen normalen Schlaf-Wach Rhythmus zu unterstützen. „Während ausreichende Dunkelheit in der Nacht meist weniger ein Problem ist, könnte insbesondere eine unzureichende Lichtexposition während des Tages kritisch sein. Denn oft ist die Beleuchtungsstärke in Patientenzimmern aufgrund architektonischer Gegebenheiten auch untertags gering“, sagte Blume.

Bei acht Wachkoma-Patienten haben die Wissenschaftler die Wirkung von täglicher Stimulation mit hellem Licht mit einem erhöhten Blauanteil untersucht. Bei zwei Patienten zeigten sich nach einer Woche positive Effekte. Aus diesem Grund empfehlen die Forscher größere Studien mit höheren Patientenzahlen, um die positive Wirkung von Lichtstimulation tatsächlich nachzuweisen.

science.ORF.at/APA

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