Erfolgreich, aber mit Lücken

Informationsfreiheit gegen Amtsgeheimnis - seit Jahren gibt es dazu in Österreich eine heftige Diskussion. Für Umweltinformationen gibt es dieses Recht auf Behördenauskunft schon seit vielen Jahren. Und es funktioniert gut - bis auf einige Lücken.

„Sehr geehrte Damen und Herren! Unter §2 des Umweltinformationsgesetzes ist der Zustand des Bodens und der natürlichen Lebensräume erfasst. Bezug nehmend auf diesen Paragraphen wüsste ich gerne: Welche Mengen und Arten von Pestiziden und künstlichen Düngemitteln wurden 2015 und 2016 auf österreichischen Feldern ausgebracht?“ So lautete - im Original etwas detaillierter formuliert - eine Anfrage der Redakteurin an das Bundesamt für Ernährungssicherheit und das Umweltministerium.

Recht auf Auskunft

Dass man als Bürger bzw. Bürgerin überhaupt das Recht hat, eine Auskunft zu verlangen, liegt an der Aarhus-Konvention. 1998 hat sie auch Österreich unterzeichnet und durch das Umweltinformationsgesetz ratifiziert - mit großen Auswirkungen, wie Thomas Alge beschreibt, Aarhus-Pionier der ersten Stunde und Geschäftsführer des Ökobüro in Wien: „Bei den Umweltinformationen wurde ein Bewusstsein geschaffen, dass sie nicht Staatseigentum sind, sondern den Bürgerinnen und Bürgern zustehen.“

Wasser, Luft, Boden, Klima - Informationen dazu kann jedermann und jede Frau bekommen, auch wenn sie beispielsweise in einem Bescheid zur Genehmigung einer neuen Fabrik festgehalten sind. Hier kann das Amtsgeheimnis nicht mehr als Grund angeführt werden, um eine Information zu verweigern.

Ö1-Sendungshinweis

Über das Recht auf Umweltinformationen berichtet auch „Wissen Aktuell“ am 27.4.2017 um 13.55 Uhr.

Keine Informationen zum Prozess

„Wichtig ist, dass die Informationen bereits vorliegen, und man muss sie in der Anfrage auch genau bezeichnen“, so Thomas Alge. Im Unterschied zu anderen Ländern bekommt man in Österreich keine Prozessinformationen: „Man kann nicht nachfragen: Wurden diese und jene Untersuchungen gemacht oder nicht? Welche Meetings mit wem haben stattgefunden? Nur wenn eine Untersuchung bereits gemacht wurde und man davon weiß, kann man die Ergebnisse erfragen“, sagt der Jurist im Interview mit Ö1.

Hier liegt einer der Knackpunkte von Aarhus-Konvention und Umweltinformationsgesetz - auch in der Anfrage zu Düngemitteln und Pestiziden. Es gibt zwar eine jährlich im „Grünen Bericht“ veröffentlichte Statistik, dort wird allerdings nur jene Menge vermerkt, die insgesamt verkauft wird. Laut Bundesamt für Ernährungssicherheit erlaubt das aber weder einen Rückschluss auf die verkaufte Menge von Pflanzenschutzmitteln an einzelne Endverbraucher noch auf die tatsächlich ausgebrachte Menge. Ähnlich sieht es bei den Düngemitteln aus.

Dokumentation, aber keine zentrale Auswertung

Was also tatsächlich auf den Feldern landet, bleibt unbekannt - obwohl die einzelnen Landwirte und Landwirtinnen verpflichtet sind, über die eingesetzten Mittel gegen Schädlinge und Unkraut genau Buch zu führen, und die Landesbehörden das kontrollieren.

Aktionstage politische Bildung

Von 23. April bis 9. Mai werden in ganz Österreich vielfältige Zugänge zur politischen Bildung aufgezeigt.

Das Bundesamt für Ernährungssicherheit weist auf die gesetzliche Verankerung hin, wonach „berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln verpflichtet sind, über mindestens drei Jahre Aufzeichnungen über die Pflanzenschutzmittel zu führen, die sie verwenden. In diesen Aufzeichnungen müssen die Bezeichnung des Pflanzenschutzmittels, der Zeitpunkt der Verwendung, die verwendete Menge, die behandelte Fläche und die Kulturpflanze, für die die Pflanzenschutzmittel vewendet wurden, vermerkt werden.“ (Art. 67)

Aber, so das Umweltministerium in seiner Stellungnahme: „Eine grundsätzliche Verpflichtung der Landwirtinnen und Landwirte zur Übermittlung der Aufzeichnungen ist nicht vorgesehen.“ Die Daten bleiben also bei den landwirtschaftlichen Betrieben, eine zentrale Auswertung ist nicht möglich.

Lehrreiche Umwelt

Grundsätzlich gehört Österreich zu den vorbildlichen Ländern, was die Umsetzung der Aarhus-Konvention betrifft, sagt Thomas Alge. Angesprochen auf die Ergebnisse der Anfrage spricht er von einer Lücke. „Laut Aarhus-Konvention und Umweltinformationsgesetz ist der Staat verpflichtet, umweltrelevante Informationen zu sammeln, zusammenzustellen und der Öffentlichkeit aktiv zugänglich zu machen. Wenn er das nicht macht, könnte das ein Bruch der Konvention sein. Aber das muss man sehr genau nachweisen.“

Von der Umwelt könnte man für die Debatte über Amtsgeheimnis und Informationsfreiheit viel lernen, so Alge: „Hier gibt es ein Gesetz, das im Wesentlichen gut funktioniert, und entsprechende Erfahrung damit. Das könnte man auf andere Bereiche ausweiten.“

Elke Ziegler, Ö1 Wissenschaft

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