Ausstieg der USA: Die Konsequenzen

Seit Donnerstagabend ist klar: Die USA steigen aus dem Pariser Klimavertrag aus. Das hat US-Präsident Donald Trump bekanntgegeben. Experten sehen weitreichende Konsequenzen für die globale Klimapolitik – negative in erster Linie aber für die USA selbst.

Im Folgenden Statements von Expertinnen und Experten zur Entscheidung von Trump:

Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung in Potsdam:

Die Entscheidung Trumps wird „dem Fortschritt der weltweiten Klimapolitik nicht substanziell schaden; schaden wird es aber den USA. China und Europa werden globale Führer auf dem Weg zu einer sauberen und sicheren Energiezukunft, und sie werden ihre Position verstärken, wenn die USA zurückrutschen ins Nationale. Auch innovative US-Bundesstaaten wie Kalifornien, immerhin die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt, werden weiter Emissionsreduktionen vorantreiben. Die Leute von Trump hocken in den Schützengräben der Vergangenheit, statt die Zukunft aufzubauen. Sie erkennen nicht: Die Klimakriege sind vorbei - das Wettrennen um nachhaltigen Wohlstand läuft."

Holger Rogner, Gastwissenschaftler am Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg:

„Es ist besser, dass die USA ganz aus dem Vertrag ausscheiden, da Präsident Trump das Pariser Abkommen nicht voll einhalten wollte. Das Abkommen hätte Trump genügend Spielraum gelassen, die nationalen Klimaschutzzusagen seines Vorgängers Obama, die rechtlich nicht bindend sind, seinen Vorstellungen anzupassen – bis hin zu einer Nullemissionsreduktion. Da dies jedoch nicht sein wahres Ziel ist, sondern eher, das Abkommen in seiner Gesamtheit zu zerstören, ist es besser, dass die USA es verlassen.“

Ö1-Sendungshinweis

Über das Thema berichten auch die Ö1-Journale.

„Andere Länder mit massiven CO2-Emissionen werden ihre Position bezüglich des Pariser Abkommens überdenken, aber ein radikales Umschalten ist unwahrscheinlich. China, aber auch Indien haben enorme Probleme mit lokaler Luftqualität und haben deshalb die Verbrennung von Kohle teilweise stark beschränkt. Die EU wird das Pariser Abkommen weiter voll umsetzen.”

Angela Köppl, Umweltökonomin am Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) in Wien:

„Ohne USA wird die Zielerreichung des Paris Abkommens kaum oder nicht möglich sein. Bis 2050 sollen die Emissionen um 80 bis 90 Prozent sinken - wenn die USA hier nicht mitgehen, wird dieses Ziel nicht erreichbar sein.“

Unter Präsident Barack Obama haben sich die USA verpflichtet, mehrere Milliarden Dollar in den Green Climate Fund der Vereinten Nationen einzuzahlen. Damit sollten Projekte im Natur- und Umweltschutz finanziert werden, die auf erneuerbare Energien setzen und in weniger entwickelten Ländern die Anpassung an den Klimawandel unterstützen. „Wenn da ein wichtiger Finanzier ausfällt, führt das sicherlich zu Engpässen.“

Reinhard Steurer, Professor am Institut für Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolitik an der Universität für Bodenkultur Wien:

„Es gibt schon heute eine große Lücke zwischen dem plakativen 2-Grad-Ziel (dass die Temperatur im Vergleich zur vorindustriellen Zeit maximal um zwei Grad Celsius steigt, Anm.) und den zugesagten Maßnahmen der Länder. Jetzt wird diese Lücke noch größer werden.“

„Mittlerweile sind starke Eigeninteressen an Klimaschutz vorhanden. China hat mittlerweile eine sehr große Solarindustrie aufgebaut, die von einem Abkommen wie Paris natürlich auch profitiert."

Stephan Klasen, Professor für Entwicklungsökonomik an der Universität Göttingen:

„Solange Trump an der Macht ist, ist es eigentlich egal, ob die USA im Pariser Abkommen bleiben oder nicht. Selbst wenn sie dringeblieben wären, hätten sie ihre Verpflichtungen nach unten korrigieren oder einfach ignorieren können. Und die Trump-Administration hat ja klar signalisiert, dass sie kein Interesse hat, Emissionen von klimaschädlichen Sektoren zu beschneiden. Aber ein Verbleib wäre besser gewesen für eine Zeit nach Trump, da die USA dann einfach nur ihre Verpflichtungen wieder ernst nehmen würden und die Weiterentwicklung von Paris positiv mitgestalten können.“

Niklas Höhne, Professor für Klimaschutz an der Universität Wageningen:

„Der Austritt der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ist ein fundamentaler Rückschlag für die Klimadiplomatie, aber noch nicht für den globalen Klimaschutz.“

„Die USA sind mit diesem Rückschritt allein auf weiter Flur. Das Abkommen hat bereits einen Prozess in Gang gesetzt, der nicht mehr aufzuhalten ist: Der nationale Klimaschutz und die globale Energiewende schreiten voran. Die erneuerbaren Energien sind so günstig geworden, dass sie inzwischen Kohlestrom in China, Indien und auch in den USA verdrängen. Auch in den USA treiben wichtige Bundesstaaten wie Kalifornien und Unternehmen wie Google und Facebook diese Entwicklung voran.“

Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin:

„Trump ist die Abrissbirne des Klimaschutzes. Er bringt ein in Jahrzehnten mühselig erarbeitetes Fundament des gemeinsamen Klimaschutzes zu Fall. Die restlichen Staaten müssen den Schutt zusammenkehren, den er hinterlassen hat.“

„Alle Länder, die für eine nachhaltige Zukunft eintreten, werden enger zusammenrücken müssen. Dann gibt es eben G-6- oder G-19-Beschlüsse für den Klimaschutz. Die, die nicht mit der Zeit gehen, gehen mit der Zeit.“

„Die globale Energiewende ist langfristig nicht aufzuhalten, die Kosten erneuerbarer Energien sinken, die Kosten für fossile und Atomenergie steigen.“

Axel Ockenfels, Professor für Ökonomie an der Universität Köln:

„Präsident Trump setzt mit seiner Ankündigung ohne Not die Kooperationsbereitschaft aller und letztlich die Zukunft der Erde aufs Spiel. (...) Eine Verweigerung der USA, mit den anderen Staaten der Welt am Tisch zu sitzen und zu kooperieren, könnte andere Länder anstecken. Kein Mensch und kein Staat lassen sich gerne von Trittbrettfahrern ausbeuten: Gegenseitigkeit ist das beherrschende Prinzip aller internationalen Kooperation. Ein wichtiger Grund, warum die USA die Kyoto-Vereinbarung nicht unterstützt haben, war beispielsweise, dass einige Teile der Welt von Verpflichtungen ausgenommen waren.“

science.ORF.at/Ö1-Wissenschaft

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