Quanteneffekt über 1.200 Kilometer
Das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung ist mittlerweile durch zahlreiche Experimente bestätigt. Dabei bleiben zwei verschränkte Lichtteilchen miteinander verbunden, selbst wenn sie sich sehr weit voneinander entfernen. Was immer man mit einem Teilchen tut, beeinflusst augenblicklich auch den Zustand des anderen.
Die Studie
„Satellite-based entanglement distribution over 1200 kilometers“, Science, 15.6.2016
Die Distanzen, über die das bereits gelungen ist, wurden in den vergangenen Jahren immer größer. So hat etwa das Team um den österreichischen Physiker Anton Zeilinger schon die Rekorddistanz von 144 Kilometern geschafft. Bei längeren Strecken wird der Nachweis allerdings immer schwieriger, aufgrund der Störungen der Erdatmosphäre. So entstand die Idee, die Experimente ins Weltall zu verlagern.
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Nach jahrelangen Vorbereitungen wurde im vergangenen Jahr der erste Satellit für diese Zwecke ins All geschickt, im Rahmen des austro-chinesischen Projekts „Quantum Experiments at Space Scale“ (QUESS). Er umkreist die Erde auf einer polaren Umlaufbahn in rund 500 Kilometer Höhe. An Bord befinden sich spezielle Quellen für Lichtteilchen und Transmitter zu deren Übertragung. Benannt ist der Satellit nach dem chinesischen Philosophen Micius, der im fünften Jahrhundert vor Christus lebte und laut chinesischen Quellen entdeckte, dass sich Licht geradlinig ausbreitet.
Neuer Rekord
Drei Bodenstationen sind derzeit an den Experimenten in China beteiligt. Die Entfernung zwischen diesen und Micius variiert zwischen 500 und 2.000 Kilometern. Ein Team um den chinesischen Projektleiter Jian-Wei Pan, der bei Zeilinger an der Uni Wien promoviert hat, berichtet nun von einem ersten Erfolg.
Die verschränkten Lichtteilchen stammten aus der Photonenquelle auf dem Satelliten. Die Verschränkung blieb auf dem Weg zu zwei Bodenstationen aufrecht, die ganze 1.203 Kilometer voneinander entfernt sind. Das ist ein neuer Weltrekord für verschränkte Teilchen.
Interkontinentale Verschränkung
„Bemerkenswert, wie schnell die chinesischen Kollegen das hingekriegt haben“, betont Zeilinger gegenüber science.ORF.at. Der Satellit sei ja nicht einmal ein Jahr im All. Insgesamt laufe das Projekt sehr gut. Wie geplant, werden nationale Ergebnisse - wie jenes der Experimente in China - unabhängig publiziert.
Derzeit laufen aber auch internationale Versuche, z.B. zu einer interkontinentalen Verschränkung zwischen einer der chinesischen Bodenstationen und der „Satellite Laser Ranging Station“ in Graz-Lustbühel. Eine Publikation dazu soll noch in diesem Jahr erscheinen. Wenn alles klappt, sind - angesichts der Distanz - neue Rekorde zu erwarten, so Zeilinger.
Langfristig sollen die Experimente zwischen Weltraum und Erde den Weg zu einer abhörsicheren Quantenkommunikation über große Distanzen ebnen. „Quantenkodierte Information ist völlig sicher, selbst die besten Computer können das nicht knacken", erklärte Jian-Wei Pan anlässlich des Satellitenstarts im letzten August.
Eva Obermüller, science.ORF.at