90 Mio. an Ärzte und Institutionen

90 Millionen Euro - so viel hat die Pharmaindustrie im Jahr 2016 an Krankenhäuser, Forschungseinrichtungen und Ärzte bezahlt. Die Bereitschaft zur Offenlegung der Zahlungen - und damit zur namentlichen Nennung - stagniert in der Ärzteschaft.

Insgesamt wurden 2016 für Forschungsprojekte mit Krankenhäusern und Ärzten knapp 34 Millionen Euro gezahlt, damit liegt dieser Teil der Investitionen niedriger als noch im Jahr zuvor.

„Das ist darauf zurückzuführen, dass bei einer sehr großen Studie, die aus Wien aus gesteuert wird, die Auszahlungen immer an Milestones gebunden sind, und hier nicht jedes Jahr der gleiche Betrag ausgezahlt wird“, so Jan Oliver Huber, Generalsekretär des Verbands der pharmazeutischen Industrie Österreichs heute bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Ärztekammer.

Geringe Bereitschaft zur Offenlegung

Verhaltenscodex:

Die mit Stichtag 30. Juni erhobenen Zahlen umfassen die Angaben von 74 pharmazeutischen Unternehmen. Insgesamt 119 Unternehmen sind zur Offenlegung geldwerter Leistungen gemäß Art. 9 VHC (Pharmig-Verhaltenscodex) verpflichtet. Bei 29 davon hätte es keine solchen Leistungen gegeben, von 16 Unternehmen seien zum Erhebungszeitraum keine Daten vorgelegen, hieß es heute in der Pressekonferenz.

Ebenfalls rund 34 Millionen Euro wurden für Fortbildung und Kongresse, sieben Millionen wurden laut Pharmig und Ärztekammer für Spenden und Förderungen an Institutionen ausgegeben. Rund 15 Millionen Euro sind direkt an Ärzte und Ärztinnen für Vorträge, Beratungen und die Mitarbeit in Beiräten geflossen.

Herwig Lindner, Vizepräsident der österreichischen Ärztekammer: „Die Ärzte leisten etwas für diese Unternehmungen, sei es in der Forschung, sei es in der Wissensvermittlung. Auf jeden Fall ist das kein geschenktes Geld und keine Zuwendung, wie es oft auch bezeichnet wird.“

Dennoch stimmen nur wenige Ärzte und Ärztinnen zu, dass ihr Name und der Zweck des Honorars im Rahmen der Offenlegung genannt werden*. Die Offenlegung basiert auf Freiwilligkeit, eine ausdrückliche Zustimmung ist aufgrund des Datenschutzes notwendig.

Eine gesetzliche Pflicht zur Offenlegung befürworten weder Pharmig noch Ärztekammer. „Wir glauben, dass diese freiwilligen und gemeinsam formulierten Regeln die Zusammenarbeit transparent und fair darstellen“, so Jan Oliver Huber.

Pharmaunternehmen GSK geht anderen Weg

Anders sieht das das Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline. Unternehmenssprecherin Barbara Masser-Mayerl im Interview mit Ö1: „Wir bei GlaxoSmithKline sind der Überzeugung, dass eine wirkliche Transparenz nur durch eine individuelle Offenlegung erreicht werden kann. Wir gehen deshalb nur mit Ärzten Verträge ein, die dieser Vorgangsweise zustimmen, die diesen Weg der Transparenz mit uns gehen.“

Mit Stichtag 30. Juni hat das Unternehmen eine Liste aller Ärzte und Ärztinnen mit Namen veröffentlicht, die im Jahr 2016 Honorare erhalten haben.

Im Unterschied zu Pharmig und Ärztekammer sieht GlaxoSmithKline-Sprecherin Barbara Masser-Mayerl eine mögliche gesetzliche Pflicht zur Offenlegung nicht als Problem, im Gegenteil: Sie würde vieles vereinfachen. „Weil es dann keine andere Möglichkeit gibt. Wenn ein Arzt eine Zusammenarbeit mit der Pharmaindustrie möchte, muss er das dann akzeptieren.“

Denn derzeit gebe es immer wieder Diskussionen und auch Ärzte, die vor einer Zusammenarbeit mit GlaxoSmithKline zurückschrecken, wenn sie von der Pflicht zur namentlichen Offenlegung erfahren, so die Unternehmenssprecherin.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

*Anmerkung: In diesem Beitrag wurde die Bereitschaft der Ärzteschaft zur Offenlegung von „sinkend“ auf „stagnierend“ korrigiert. Dass sie nicht sinkt, haben nachträgliche Recherchen von ORF, Standard und Correctiv.org. ergeben.

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