„Meeres-Mikroplastik“ stammt von Labormänteln

Größere und kleinere Teilchen an Plastik verschmutzen die Meere, wie viele Studien zeigen. Nicht immer ist die Sorge vor dem Mikroplastik aber berechtigt. Bei einer Analyse wurde die Wasserprobe offenbar von den Labormänteln der Forscher verunreinigt.

Dies berichtet ein Team um den Chemiker Bernhard Lendl von der Technischen Universität (TU) Wien.

Viskosefasern aus der Tiefsee

Die Vorgeschichte: 2014 haben britische Forscher in einer Studie behauptet, große Mengen an Mikroplastik in der Tiefsee gefunden zu haben. Rund 57 Prozent davon hätten Viskosefasern betroffen – ein Kunststoff, der auf natürlicher Zellulose beruht.

„Eigentlich sollte man keine Viskose in der Tiefsee finden, da sie natürlich abgebaut wird“, erklärt Lendl gegenüber science.ORF.at. Genau dem haben die britischen Kollegen aber mit ihrer Studie widersprochen – sehr zur Überraschung von Lendl und seinem Team.

Um die 2014er-Studie deshalb zu überprüfen, baten sie die Briten um ihre Rohdaten – ohne Erfolg. Sie stellten deshalb eigene Nachforschungen im Labor an. Dabei zeigte sich, dass die britischen Forscher offenbar methodisch schlampig gearbeitet haben.

Im Labor verunreinigt

Der Hintergrund: Wenn man in Wasserproben nach Kunststoffen sucht, besteht immer die Gefahr, dass nachgewiesene Stoffe nicht aus der Probe stammen, sondern aus der Laborumgebung. Da das Problem bekannt ist, versucht man bei solchen Untersuchungen Kunstfasern im Labor zu vermeiden. Die Experimente werden deshalb in speziellen Reinräumen durchgeführt, Kleidung aus Kunstfasern ist verboten.

Daran dürften sich auch die britischen Kollegen gehalten haben. Der Ersatz – Kleidung aus Baumwollfasern – ist aber laut Lendl und seinem Team ebenfalls problematisch. Denn die Fasern aus Baumwolle und von Viskose lassen sich mit den von den Briten eingesetzten Mitteln der Infrarot-Spektroskopie nicht unterscheiden. Mit anderen Worten: Bei den 57 Prozent könnte es sich nicht um Viskosefasern gehandelt haben, die aus der Tiefsee stammen, sondern um feine Überbleibsel der baumwollenen Labormäntel.

Am Problem Plastik und Mikroplastik im Meer ändert das nichts. In den Ozeanen treiben tatsächlich große Mengen Kunststoff herum. „Doch wenn man Spuren von Mikroplastik nachweisen will, muss man die passende Methode wählen und diese auch korrekt anwenden“, betont Lendl. „Alles andere ist unseriös und hilft weder dem Ozean noch der Wissenschaft.“

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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