Flüsse haben zu wenig Platz

Österreichs Flüsse haben in den vergangenen 150 Jahren massiv an Fläche verloren, das hat eine Studie ermittelt. Das ist nicht nur schlecht für die dort ansässigen Pflanzen und Tiere. Flüsse verlieren dadurch die Kapazität, uns vor extremen Überschwemmungen zu schützen.

Moore, Sandbänke, Seitenarme, Wiesen, Schotterinseln und landwirtschaftliche Flächen sind Teil von Österreichs Flusslandschaften. In den vergangenen 150 Jahren haben sie stark gelitten. Entlang der größten Flüsse wie Donau, Inn und Enns ist knapp zweimal die Fläche Wiens verloren gegangen, also 720 Quadratkilometer, so das Ergebnis der Studie des World Wildlife Fund (WWF) Österreich. Der größte Teil fällt dabei auf die vergangenen 50 Jahre.

Hochwasser in Steyr

APA/FOTOKERSCHI.AT

Hochwasser in Steyr (an der Enns)

Statt Natur findet man an Flüssen Parkplätze, Straßen, Gewerbegebiete, Siedlungen, sagt Studienautor Gerhard Egger, Leiter des Programmbereichs Flüsse bei WWF Österreich. „Flüsse brauchen ausreichend Platz, damit sie bei extremen Niederschlägen Wasser aufnehmen können.“

Die Studie

49 Flüsse hat der WWF in der Studie genauer unter die Lupe genommen, um die Entwicklung der Flusslandschaften nachzuzeichnen. Die Studienautoren haben dafür josephinische Landaufnahmen aus dem Jahr 1870 mit modernen Luftbildern aus den Jahren 1950, 1980 und 2010 verglichen.

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Dem Thema widmete sich heute auch das Mittagsjournal, 21.08., 12.00 Uhr.

Flächenverbrauch drastisch reduzieren

Zwei Hektar pro Tag wurden in den vergangenen 50 Jahren verbaut und dadurch versiegelt. Das entspricht der Fläche von drei Fußballfeldern. Für den WWF ist klar, diese Entwicklung kann so nicht weitergehen. Die Umweltschutzorganisation fordert daher, den laufenden Flächenverbrauch drastisch zu reduzieren, auf ein Viertelprozent: Statt zwei Hektar dürfte dann nur mehr maximal ein halber Hektar pro Tag verbaut werden. Den Rückbau von versiegelten Flächen fordert der WWF nur punktuell:

„An manchen Orten muss man eingreifen, indem man das Ufer zurücknimmt und dem Fluss mehr Platz gibt. Wir gehen davon aus, dass zwei Prozent ausreichen, um den Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu schützen und damit Flüsse der Hochwassergefahr trotzen können", erklärt Egger.

Flüsse als Hochwasserschutz

Bei der Umsetzung nachhaltiger Flussentwicklung seien Politik und Raumordnung gefordert, sagt der Studienautor. Einen Beitrag wird aber auch die Landwirtschaft leisten müssen, indem sie intensiv genutzte Flächen aufgibt. Nur Flüsse, die ausreichend Platz haben, können die Hochwassergefahr mindern. Und das wird in Zukunft noch wichtiger: Starkregen und Überschwemmungen, wie zuletzt Anfang August in Österreich, werden in den kommenden Jahren voraussichtlich durch den Klimawandel stark zunehmen.

Anna Masoner, Ö1-Wissenschaft

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