Klimaerwärmung verändert Stromverbrauch
Im Pariser Klimaabkommen haben sich 195 Länder dazu bekannt, bis zum Ende des Jahrhunderts komplett auf Kohle, Erdöl und Erdgas zu verzichten. Elektrizität - vorzugsweise aus erneuerbaren Quellen - soll den Weg in Richtung Dekarbonisierung ebnen.
Die Studie
„North-south polarization of European electricity consumption under future warming“, PNAS, 28.8.2017
Wie die Forscher um Leonie Wenz vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in ihrer aktuellen Studie schreiben, wird aber auch der Stromsektor selbst den Klimawandel zu spüren bekommen, sowohl bei der Produktion als auch beim Verbrauch. Mit den Temperaturen ändern sich z.B. die Durchflussraten von Wasserkraftwerken und die Kapazitätsleistung von Stromleitungen. Wenn die Winter und Sommer wärmer werden, verändert sich auch der Bedarf - es muss weniger geheizt, aber mehr gekühlt werden.
22 Grad Celsius optimal
Die Forscher haben für ihre Prognose die Verbrauchskurven von 35 europäischen Ländern - darunter auch Österreich - von 2006 bis 2012 analysiert. Optimal sind demnach Temperaturen um 22 Grad Celsius, dann ist der Stromverbrauch am geringsten. Wird es wärmer bzw. kühler, steigt er. Den zukünftigen Verbrauch hat das Team um Wenz auf Basis von drei Klimawandelszenarien (Erwärmung unter zwei Grad, um 2,6 Grad und um 4,8 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Wert) hochgerechnet.
Ö1-Sendungshinweis
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag auf Wissen aktuell am 29.8. um 13:55
In allen Modellen bleibt der gesamteuropäische Stromverbrauch bis Ende des Jahrhunderts ungefähr gleich, wenn man von keinen größeren Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur, beim Einkommen und in der Industrie ausgeht. Das bedeute aber nicht, dass die Erwärmung ohne Folgen für den Stromsektor bleibt, betonen die Studienautoren. Man findet sie in den Details.
Verbrauch im Süden steigt
Grob betrachtet verschiebt sich der Verbrauch von Norden - wo heute viel mehr Strom aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird - in Richtung Süden und Südwesten. Am stärksten steigen wird der tägliche Durchschnittsverbrauch in Portugal und Spanien, um fünf bis sieben Prozent.
Außerdem liegen die jährlichen Bedarfsspitzen in 30 Ländern derzeit noch im Winter. Laut Prognose hingegen werden 19 davon bis zum Ende dieses Jahrhunderts den meisten Strom im Sommer verbrauchen.
Die Auswirkungen der saisonalen und geografischen Verschiebungen werden vor allem bei der Infrastruktur, wie z.B. beim Leitungsnetz, den Maximalkapazitäten und beim Speicherbedarf spürbar werden, erklären die Forscher. Die entstehenden zusätzlichen Nebenkosten könnten langfristig in vielen Ländern die Stromkosten in die Höhe treiben, vorausgesetzt die Infrastruktur bleibt wie sie ist.
Wie der Energieexperte Fritz Binder-Krieglstein gegenüber science.ORF.at erklärt, würde der Preis jedoch sogar sinken, wenn die Länder rechtzeitig auf den Ausbau von dezentralen Energiequellen - wie z.B. auf die Photovoltaik - setzen. Und das sei derzeit vielerorts bereits der Fall.
Eva Obermüller, science.ORF.at