Experiment: Forscher erwärmen Meeresboden

Die Folgen des Klimawandels werden für gewöhnlich mit Simulationen untersucht. Forscher haben nun einen besonderes Experiment gemacht und Teile des antarktischen Meeresbodens erwärmt. Ihre Ergebnisse sind besorgniserregend.

Wie genau sich Lebensräume verändern, und was das für ansässige Organismen bedeutet, lässt sich auch mit Hilfe von Klimamodellen oft nur schwer beantworten.

Aus diesem Grund starteten die Forscher um Gail Ashton vom Smithsonian Environmental Research Center ein Experiment der Meereserwärmung, das sie als „das bisher wirklichkeitsnächste“ bezeichnen.

Feldversuch in der Antarktis

Ihre Untersuchung führte sie in die Bellingshausen-See, nahe der Antarktis. Denn der Großteil der Lebewesen lebt dort am Grunde des Meeres. Genau das wollten sie sich zunutze machen und erzeugten einen „künstlichen Meeresboden“. Und zwar in Form von Heizpaneelen, die sie am etwa 15 Meter tiefen Grund befestigten.

Ein Teil von ihnen blieb konstant auf Umgebungstemperatur. Die anderen Paneele stellten die Forscher ein bzw. zwei Grad wärmer ein. Mit dieser Temperaturänderung rechnen Klimaforscher in den kommenden 50 bis 100 Jahren.

Artenvielfalt geht zurück

Bisher ging man davon aus, dass die ansässigen Lebewesen bei einer Erwärmung von einem Grad um etwa zehn Prozent größer werden. Nach dem Ende ihrer neunmonatigen Untersuchung war für die Forscher aber klar: Die Temperaturzunahme wirkt sich viel stärker aus.

Bereits nach zwei Monaten verdoppelte sich die Größe bestimmter Moostierchen (Fenestrulina Rugula). Und schon nach kurzer Zeit dominierten sie die etwa zehn mal zehn Zentimeter großen Paneelflächen. Auch die ansässigen Meereswürmer wuchsen. Sie waren sogar um 70 Prozent größer als unter gewöhnlichen Bedingungen.

Die Folge: Moostierchen und Würmer verdrängten andere Arten, die Artenvielfalt ging drastisch zurück. Zwei Grad Plus scheinen aber sehr unterschiedlich auf die Organismen zu wirken. Während einige der Paneele bei dieser Temperatur stellenweise komplett unbewohnt blieben, zählten die Moostierchen auch hier noch zu den klaren „Gewinnern“ der Erwärmung.

Polare Regionen stärker betroffen

Das Fazit der Forscher ist besorgniserregend. Nur acht der 23 beheimateten Arten zeigten sich unbeeindruckt und besiedelten auch die um zwei Grad wärmeren Paneele.

Ashton und seine Kollegen vermuten, dass die Klimaerwärmung für Meeresbewohner in den polaren Gebieten stärkere Folgen haben wird, als in den niederen Breiten. Nicht nur die höhere Temperatur des Meeresbodens, sondern auch andere Faktoren – wie die im Experiment nicht untersuchte Meeresversäuerung – würden ihre Lage zusätzlich verschlimmern.

Anita Zolles, science.ORF.at

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