Schmerzhafter Selbstversuch mit Zitteraalen

Sind Zitteraale in Gefahr, versetzen sie ihren Feinden Stromstöße. Wie stark diese elektrische Waffe wirkt, hat der amerikanische Biologe Kenneth Catania herausgefunden - in einem schmerzhaften Selbstversuch.

Die Stärke des Elektroschocks, berichtet Catania im Fachblatt „Current Biology“, ist deutlich höher als bei einem Taser, also einer Elektroschockpistole. Sein Fazit: „Anscheinend ist für den Zitteraal ein heftiger Angriff die beste Verteidigung“.

Wie sich der Stromkreis schließt

Catania erforscht seit längerem die exotischen Süßwasserfische, die anders als ihr Name vermuten lässt, keine Aale sind. Sie gehören zu den Neuwelt-Messerfischen und leben im tropischen Südamerika, etwa im Amazonas-Gebiet. Fast ihr gesamter Körper ist mit stromerzeugenden Organen besetzt, sogenannten Elektroplax. Damit setzen sich die Tiere gegen Angreifer zu Wehr.

Forscher hält Arm in Becken mit einem Zitteraal

Kenneth Catania

Autsch: Der Selbstversuch in Catanias Labor.

In einer früheren Untersuchung hatte der Biologe bereits gezeigt, dass Zitteraale die Stärke ihrer Stromstöße erheblich erhöhen, indem sie sich aus dem Wasser heben. Sie leiten den Strom so von ihrem Kinn direkt in ihr Angriffsziel. Der elektrische Strom laufe dann durch den Körper des Opfers hindurch und schließlich im Wasser wieder in den Schwanz des Zitteraales, wodurch der Stromkreis geschlossen wird. Auf diese Weise verhindern sie, dass sich die elektrischen Entladungen im Wasser verteilen und abschwächen.

In der jetzt vorgestellten Untersuchung ermittelte Catania die Stärke der Stromstöße genauer. Er entwickelte dafür eine spezielle Apparatur, eine wassergefüllte Box, die mit stromleitendem Aluminium ausgekleidet ist. Über ein Kabel war ein Strommessgerät an die Aluminiumschicht angeschlossen.

Nach Stromschlag: „Beeindruckend"“

In diese Box steckte Catania nun einen Zitteraal - und seinen Arm. Aus naheliegenden Gründen habe er für die Experimente ein kleines Exemplar gewählt, schreibt der Biologe.

Die Messungen zeigten, dass die Stromstärke einer Zitteraal-Attacke etwa 40 bis 50 Milliampere beträgt. Schmerzrezeptoren reagierten bereits bei sehr viel geringeren Stromstärken, schreibt Catania. Beim Menschen reichten fünf bis zehn Milliampere aus, um ein reflexartiges Zurückziehen zum Beispiel eines Armes auszulösen.

„Es ist beeindruckend, dass ein kleiner Zitteraal so viel Strom austeilen kann“, sagt Catania. „Wir kennen den genauen Antrieb für das Verhalten nicht, aber sie müssen Feinde abschrecken, und ich kann Ihnen sagen, dass sie echt gut darin sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Tier, das so einen Schock abgekriegt hat, weiter in der Nähe bleibt.“

Ernsthafte Schäden erlitt der Biologe bei den Selbstversuchen nicht. Auch habe er noch nie von Zitteraal-Angriffen auf den Menschen mit tödlichem Ausgang gehört. Die größte Gefahr für Menschen gehe von einem - durch den Elektroschock ausgelösten - Muskelkrampf im Wasser aus. So einen Krampf habe er bei dem Versuch aber nicht gespürt, berichtet Catania.

science.ORF.at/APA

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