Wie die „kambrische Explosion“ begann

Vor 550 Millionen Jahren stieg die Zahl der Tierarten auf der Erde geradezu explosiv an - warum, ist bis heute unklar. Nun haben Geologen einen möglichen Auslöser gefunden: urzeitliche Kieselschwämme.

In der Welt des Kambriums enthielten die Ozeane vorerst noch so wenig Sauerstoff, dass heutige Fische dort schnell sterben würden. Für Dorothee Hippler vom Institut für Angewandte Geowissenschaften der TU Graz ist klar, dass das nicht nur für Fische gilt: „Da mehrzellige Organismen Sauerstoff zum Atmen benötigen, war dieser für die Entstehung sichtbaren Lebens entscheidend.“ Was zur Frage führt: Wie kam der Sauerstoff in den Ur-Ozean?

Schwämme breiteten sich aus

Gemeinsam mit Kollegen an der TU Berlin, dem Deutschen Geoforschungszentrum und der Freien Universität Berlin hat Hippler in der jüngsten Ausgabe von „Nature Communications“ aufgezeigt, dass Kieselschwämme im Meer zu dem deutlichen Konzentrationsanstieg von freiem Sauerstoff im Meerwasser und der Atmosphäre beigetragen haben könnten. Die Wissenschaftler hatten dazu Gesteinsproben aus Südchina mit Massenspektrometern unter die Lupe genommen.

Die urzeitlichen Kieselschwämme zeichnen sich durch ihre siliziumreichen Skelettnadeln aus. Spuren davon finden sich bis heute in silikatischen Tonsteinen und Feuersteinen. „Unsere Rekonstruktionen zeigen eine ansteigende Häufigkeit silikatischer Schwämme in Sedimenten, die zwischen dem Präkambrium und dem Kambrium abgelagert wurden“, sagt Co-Autor Michael Tatzel. Die Schwämme erlebt zu dieser Zeit offenbar eine Phased es Aufschwungs.

Folgewirkung: Sauerstoff wurde frei

Die Forscher fanden auch heraus, dass mit dem gelösten Sauerstoff auch die Menge von Kohlenstoff im Sediment anstieg. Das erklären sich die Experten mit der Fähigkeit der Schwämme, bei der Nahrungsaufnahme organischen Kohlenstoff aus dem Meerwasser zu filtern. Dies erschwerte die Oxidation des organischen Kohlenstoffes.

Durch die steigende Löslichkeit des Sauerstoffs im Wasser konnten außerdem Phosphate besser im Sediment gebunden werden. Die verringerte Phosphatkonzentration im Meerwasser schränkte schließlich das Wachstum von Algen ein, das bis dahin viel gelösten Sauerstoff verbraucht hatte. Fazit der Studie: Die Kieselschwämme setzten eine Kettenreaktion in Gang, die den Sauerstoffgehalt im Meer ansteigen ließ.

Ihnen zufolge ist es „gut möglich“, dass dadurch die benötigte Mindestkonzentration für mehrzellige Lebewesen überschritten wurde - und die „kambrische Explosion“ starten konnte.

science.ORF.at/APA

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