Der mütterliche Klang ist unverkennbar

Wenn Mütter mit ihren Babys sprechen, verändern sie nicht nur Tonhöhe und Tempo, sondern auch den individuellen Klang ihrer Stimme. Wie Experimente zeigen, ist diese klangliche Verschiebung in neun untersuchten Sprachen fast identisch.

Wenn Eltern mit ihren Babys reden, sprechen sie - ohne bewusste Absicht - automatisch anders. Sie verwenden kurze einfache Sätze, wiederholen Wörter und machen längere Pausen. Betonungen werden übertrieben, die Stimme wird höher und verfällt mitunter in eine Art Sing-Sang.

Mutter und Kind im Princeton Baby Lab

Elise A. Piazza

Mutter und Kind im Princeton Baby Lab

Baby Talk oder Motherese nennt man das in der Fachliteratur. Für Außenstehende mag das zwar befremdlich bis dümmlich klingen, laut Sprachforschern hat die Ammensprache aber einen bestimmten Zweck. Sie hilft dem Nachwuchs, die Sprache zu lernen. Einzelne Wörter und Details lassen sich so leichter erkennen, sprachliche Strukturen besser analysieren.

Einzigartiger Klang

Eine weitere sprachliche Variation, die Mütter ausschließlich im Gespräch mit ihren Babys verwenden, haben die Forscher um Elise A. Piazza von der Princeton University nun identifiziert, nämlich eine andere Klangfarbe.

Klangfarbe ist das, was eine Stimme so einzigartig macht. „Deswegen klingt z.B. ein Barry White mit seinem samtigen Timbre so völlig anders als Tom Waits mit seiner kratzigen Stimmfarbe, selbst wenn sie exakt dieselben Noten singen“, erklärt Piazza in einer Aussendung. Die Klangfarbe ist auch verantwortlich für den instrumententypischen Klang.

Automatisierte Erkennung

Experimente mit insgesamt 24 Müttern im Princeton Baby Lab zeigten, dass sich sogar dieses sehr individuelle stimmliche Merkmal im Kontakt mit Kindern verändert. Die Forscher hatten Tonaufnahmen angefertigt, während die Mütter mit ihren sieben bis zwölf Monate alten Babys spielten und sprachen.

Mit Hilfe einer speziellen Frequenzanalyse aus der automatischen Spracherkennung erstellten die Forscher Stimmprofile der Mütter: im normalen Sprachmodus und in der babysprachlichen Variante. Laut Piazza war die stimmliche Verschiebung zwischen den beiden Profilen bei allen Müttern recht ähnlich. Selbst ein Computerprogramm konnte lernen, treffsicher zwischen Baby- und Normalsprache zu unterscheiden. Dafür reichte eine Sprachaufnahme von einer Sekunde.

Hörbeispiele

Gespräch mit Baby

Gespräch mit Erwachsenem

Die messbare Verschiebung der Klangfarbe fand sich nicht nur bei den zwölf englischsprachigen Müttern, sondern auch bei den anderen, die so unterschiedliche Sprachen wie Deutsch, Französisch, Ungarisch, Mandarin, Polnisch oder Russisch sprachen.

Dass sich beim Baby Talk auch die Klangfarbe ändert, könnte ebenfalls beim Spracherwerb helfen, schreiben die Studienautoren: Die Kleinen reagieren auf die stimmliche Veränderung und schenken dem Gesagten mehr Aufmerksamkeit. Die Babysprache von Vätern und anderen Bezugspersonen wurde übrigens nicht analysiert. Die Forscher gehen aber davon aus, dass sich bei diesen ähnliche Klangverschiebungen finden würden.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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