Vulkanausbrüche erschütterten Ägyptens Dynastien

Unruhen und Volksaufstände im antiken Ägypten wurden womöglich durch weit entfernte Vulkanausbrüche ausgelöst. Laut Forschern blieb in diesen Jahren das sommerliche Nil-Hochwasser aus - mit weitreichenden Folgen.

Michael Sigl vom Schweizer Paul Scherrer Institut (PSI) hat bereits 2015 die großen Vulkanausbrüche der vergangenen 2.500 Jahre anhand von Schwefelablagerungen in Eisbohrkernen fast aufs Jahr genau datiert. Für die neue Studie verglich er gemeinsam mit Kollegen diese Daten mit Messungen und Rekonstruktionen des Nil-Wasserstands sowie mit fünf historisch-soziologischen Parametern des antiken Ägypten.

Laut den Forschern herrschte in Jahren mit Vulkanausbrüchen mehr Unruhe im Land: Es kam zu Volksaufständen und priesterliche Dekrete wurden erlassen. Kriege mit Nachbarstaaten endeten hingegen häufig. In den Folgejahren wurde außerdem mehr Land verkauft. Eine Häufung von Vulkanausbrüchen ging demnach sogar mit dem Untergang des letzten Pharaonenreichs durch die römische Eroberer einher.

Klimatische Veränderung

All dies lasse sich zu einem großen Teil mit dem Ausbleiben des sommerlichen Nil-Hochwassers erklären, so die Forscher. Diese regelmäßigen Überschwemmungen machten das sonst trockene Land fruchtbar und ermöglichten Ackerbau.

Zu den Überflutungen kommt es, weil der Monsun normalerweise die Quellen des Nils erreicht und den Fluss im Sommer über die Ufer treten lässt. Bei großen Vulkanausbrüchen gelangte allerdings Schwefel in die Atmosphäre. Das veränderte vorübergehend das Klima. Dabei verschoben sich auch Windsysteme und damit der Monsun, der daraufhin nicht mehr die Quellen des Nils erreichte. Das Nil-Hochwasser blieb aus und es folgten Dürren und Hungersnöte.

Not durch Dürre

„Wir denken, dass die Herrscher in Dürrejahren Kriege beendeten, weil die Volksaufstände und die Not im eigenen Land die Weiterführung des Krieges behinderten“, erklärt Sigl. Die priesterlichen Dekrete sollten demnach wohl für mehr Ordnung im Land sorgen. Und Familien, die unter den Langzeitfolgen der Dürre litten, mussten in den Folgejahren ihr Land verkaufen.

Bisher waren Historiker der Ansicht, dass „schlechte Jahre“ auf schlechte Entscheidungen der ägyptischen Herrscher zurückgingen. Schuld an vielen dieser schlechten Jahre seien aber Vulkanausbrüche gewesen, welche die antike Hochkultur zwar nicht direkt, wohl aber indirekt zu spüren bekam.

Die Studie habe auch für die heutige Zeit Relevanz. Unter dem Begriff „Geo-Engineering“ diskutieren Forscher nämlich über die Möglichkeit, die klimakühlenden Effekte von Vulkanausbrüchen künstlich zur Milderung des Klimawandels zu nutzen. Allerdings zeigen die Ergebnisse von Sigl und Kollegen, dass sich dabei auch die globale Windzirkulation und der Wasserhaushalt ändern, insbesondere in monsungeprägten Gebieten.

science.ORF.at/APA/sda

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