Was Spermien mit „Star Wars“ zu tun haben

Abstrakt, unverständlich und lebensfern - so kommt die Naturwissenschaft bisweilen rüber. Dass das nicht so sein muss, zeigen zwei Biologen der Harvard University: mit einem Kurzfilm in „Star-Wars“-Manier.

Die Anleihen bei George Lucas’ Weltraumepos sind unübersehbar. Von dramatischen Akkorden begleitet erscheint zu Beginn ein Text in gelben Lettern. Er bewegt sich langsam in Blickrichtung, bis er schließlich in der Perspektive des Raums entschwindet. Dann allerdings passiert ein unmerklicher Schnitt.

Noch immer ist es dunkel, noch immer sind im Hintergrund helle Punkte (Sterne?) zu erkennen, doch der Betrachter ist nicht im Weltraum, sondern im Mikrokosmos, genauer: im Inneren des weiblichen Körpers. Die bläuliche Kugel, die im Dunkel erscheint, könnte ein Planet sein. Tatsächlich handelt es sich um eine Eizelle.

Das wird spätestens dann klar, wenn ein Rudel animierter Spermien auftaucht, mit wilden Geißelschlägen zur Eizelle hastend. „The great sperm race“ - das ist der Topos, den Don Ingber und Charles Reilly, beide Wissenschaftler am Wyss Institute der Havard University, nun in einem Kurzfilm dargestellt haben.

„Auswendiglernen ist keine Wissenschaft“

Dahinter steht nicht nur die Freude an der spielerischen Darstellung des eigenen Tuns. „Ich fürchte, dass Wissenschaft und Gesellschaft den Kontakt zueinander verloren haben“, sagt Ingber. Ursache dafür, so Ingber, sei ein Missverständnis, das seine Wurzeln in der Schule habe: Da nämlich werde Wissenschaft als routinemäßiges Auswendiglernen von Fakten präsentiert. „Wenn man es auswendig lernen kann, ist es keine Wissenschaft. Wissenschaft ist die Suche nach dem Unbekannten.“

„The Beginning“ indes soll zeigen, dass es anders geht, dass Daten und Fakten in anschaulicher Gestalt auftreten können. Der knapp drei Minuten lange Film ist auch als Kritik an dem in der Forschung verbreiteten Reduktionismus zu lesen. Der Lupenblick aufs molekulare Detail von Körpervorgängen drohe den Kontakt zum Kontext und zum großen Ganzen zu verlieren, meinen Ingber und Reilly. Letzterer weiß als ehemaliger Mitarbeiter von Peter Jacksons Studio „Park Road Post“ auch als Filmemacher, was er tut.

Und natürlich gilt das ebenso in fachlicher Hinsicht. In dem Film wurden aktuelle Forschungen über den molekularen Antrieb der Spermiengeißeln verarbeitet. Das entsprechende Forschungspapier inklusive Film zu publizieren, sei nicht ganz einfach gewesen, erzählen die beiden. Nach einigen Ablehnungen fanden die Forscher schließlich bei der Zeitschrift „ACS Nano“ Gehör. Dort wurde ihr populär-wissenschaftliches Doppelpack nun veröffentlicht.

Robert Czepel, science.ORF.at

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