Sand: Begehrt, aber knapp

Sand ist ein wichtiger Bestandteil von Beton und Asphalt, genutzt wird er auch für Zahnpasta, Computerchips und Solaranlagen. Doch langsam wird der unscheinbare Rohstoff knapp. Wie viel Sand insgesamt noch zur Verfügung steht, weiß man nicht.

Der Inselstaat Singapur ist klein, seine Einwohnerzahl wächst aber stetig. Der einzige Platz, der noch verfügbar ist, ist das Meer. So werden aus den Nachbarländern Malaysia, Indonesien und Kambodscha große Mengen Sand importiert und die Küsten damit aufgeschüttet und neue Hochhäuser gebaut. „Das macht Singapur derzeit zum größten Sandimporteur weltweit“, erklärt die Biodiversitätsforscherin Aurora Torres vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Halle.

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Mittagsjournal am 17.11.

Ihre Kollegen von der deutschen Helmholtz Gemeinschaft gehen davon aus, dass jährlich etwa 15 Milliarden Tonnen Sand abgebaut werden - der Großteil fließt in die Baubranche. Für das Herstellen von Asphalt und Zement ist aber nicht jeder Sand geeignet - jener aus den Wüsten eignet sich weniger als Baumaterial, da die Körner zu fein und rundgeschliffen sind. Deshalb wird Sand aus dem Meer gepumpt und an Küsten und Flüssen abgebaut. Dieser Sand stammt dabei zu einem Großteil von Gesteinsmaterial aus den Bergen, das in einem jahrtausendlangen Prozess in Flüssen zerkleinert und in das Meer befördert wird.

Vietnam geht der Sand aus

Dass zu viel an Sand entnommen wird, zeigt sich in Ländern wie Vietnam. Hier rechnet die Regierung damit, dass der Sand noch für die nächsten drei Jahre reicht. Der intensive Abbau bleibt aber auch nicht ohne Konsequenzen für Natur und Mensch, erklärt Aurora Torres im Fachjournal Science am Beispiel des Mekong-Deltas in Vietnam. Hier wird das Grundwasser knapp und das Meerwasser dringt in das Landesinnere, wodurch der Boden unfruchtbar wird. „Das betrifft grundsätzlich alle Gebiete, wo großflächig Sand abgebaut wird.“ Andernorts senken sich wiederum Küsten ab, wodurch der Schutz vor Tsunamis und starkem Wellengang schwindet.

Auch die Ökosysteme im Meer werden durch großflächigen Sandabbau beschädigt. Denn die riesigen Saugrohre, mit denen der Sand zum Teil aus dem Meer gepumpt wird, wirbeln das Sediment auf und hinterlassen große Löcher, die sich zum Teil jahrzehntelang nicht wieder füllen, wie Forscher von der Universität Kiel vor Sylt beobachtet haben.

Sandgewinnung am Meer

REUTERS/Erik De Castro

Sandgewinnung am Meer

Darüber hinaus hinterlässt auch das Aufschütten von Sand Spuren, wie Meeresbiologen am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung feststellten. Sie dokumentierten, wie in Saudi-Arabien ein Korallenriff unter den Sedimentschichten abstarb. Auch Algen und Seegräser - die für die Ozeanhygiene wichtig sind - sind davon betroffen.

Ein weiterer Nebeneffekt, erklärt Aurora Torres, ist das Entstehen von großen Wasserlacken an Land, die zur Brutstätte für Mücken werden. Laut Studien aus dem Iran und Sri Lanka verbreitet sich dadurch vermehrt Malaria.

„Wissen vieles noch nicht“

All diese Erkenntnisse verschaffen aber nur einen ersten Überblick über das Problem, betont die Biodiversitätsforscherin. Weitere Forschung sei dringend notwendig. „Wir sind noch am Anfang, das Problem und die Zusammenhänge zu verstehen.”

Derzeit ist Sand gemäß der Umweltbehörde der Vereinten Nationen nach Wasser die meist verbrauchte Ressource weltweit. Experten gehen davon aus, dass der Bedarf an Sand in den nächsten Jahren noch steigen wird. Wie viel Sand dabei noch zur Verfügung steht, ist unklar.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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