Astronomische Highlights des Jahres

2017 war geprägt von der erfolgreichen „Jagd“ nach Gravitationswellen. Doch auch in der stellaren Astrophysik, der Exoplanetensuche und der Erforschung unseres Sonnensystems gab es bedeutende Fortschritte. Ein Rückblick, geordnet nach kosmischer Entfernung.

Eines der großartigsten astronomischen Ereignisse der letzten Jahre wurde am 17. August 2017 registriert: aus einer relativ schwachen Spiralgalaxie im Sternbild Wasserschlange erreichte uns ein Gammastrahlenausbruch und praktisch zugleich ein Gravitationswellensignal (GW170817).

Anneliese Haika und Thomas Posch

privat

Die Autoren

Anneliese Haika ist AHS-Lehrerin und Mitglied der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie (WAA). Thomas Posch ist Astronom an der Universität Wien.

Obwohl schon seit Herbst 2015 – knapp 100 Jahre nach Einsteins Vorhersage – Gravitationswellen detektiert werden und mediales Aufsehen erregen, wird durch das Signal aus der 140 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie NGC 4993 ein neues Kapitel in der Astronomie eröffnet. Denn erstmals kam ein solches Signal von verschmelzenden Neutronensternen, und erstmals gelangen Parallelbeobachtungen elektromagnetischer Strahlung (vom Radio- und IR- bis in den UV- und Gammastrahlen-Bereich).

Die jetzt beobachtete Neutronensternfusion fand statt, als auf der Erde noch Dinosaurier lebten, und sie führte zur Produktion von etwa zehn Erdmassen an Gold und Platin. Kaum vorstellbar: die Amplitude des von drei Detektoren erfassten Signals GW 170817 – diese minimalen Deformationen der Raumzeit – lag nur in der Größenordnung des Protonen-Durchmessers!

Sternenexplosion aus der Kategorie "Kilonova" schleudert schwere Elemente ins All

ESO/L. Calçada/M. Kornmesser

Bei der Fusion wurde schwere Elemente in den Weltraum geschleudert

Unter den Gammablitzen wiederum nimmt der nur zwei Sekunden dauernde Ausbruch in NGC 4993 darum eine Sonderstellung ein, weil er zeigt, dass eine ganze Klasse dieser extrem energiereichen Phänomene auf die Verschmelzung von Neutronensternen zurückzuführen ist. Dies war bislang nur vermutet worden.

Nicht für diese konkrete Entdeckung, aber für ihre Pionierleistungen im Bereich der Gravitationswellenforschung erhielten die drei Forscher Barry Barish, Kip Thorne und Rainer Weiss am 3. Oktober den Nobelpreis für Physik 2017.

Riesenstern in neuem Licht

Ebenfalls am 17. August wurde in der Fachzeitschrift „Nature“ das bisher schärfste Bild eines Sterns publiziert. Es wurde mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in seinem aufwändigen interferometrischen Modus gewonnen und zeigt unter anderem zwei große helle Sternflecken sowie mehrere Gasklumpen, die sich mit Geschwindigkeiten von bis zu 20 Kilometern pro Sekunde bewegen. Der Antriebsmechanismus dieser turbulenten Bewegungen gibt derzeit noch Rätsel auf.

Roter Riese Antares

ESO/K. Ohnaka

Antares

Antares ist ein Roter Überriese in etwa 550 Lichtjahren Entfernung. Stünde er an der Stelle unserer Sonne, so würde sein Radius bis über die Marsbahn hinausreichen. Seine Oberflächentemperatur ist mit rund 3.500 Grad vergleichsweise gering. Der Riese in der Konstellation Skorpion wird von einem wesentlich heißeren und kompakteren Stern umkreist, der von Tobias Bürg im Frühjahr 1819 in Wien erstmals gesichtet wurde.

Suche nach „Supererden“

Eine der bemerkenswertesten Entdeckungen im stetig wachsenden Forschungsgebiet extrasolare Planeten war 2017 das System „TRAPPIST-1“. Dieser kühle, ca. 40 Lichtjahre entfernte Zwergstern ist von sieben etwa erdgroßen Planeten umgeben. Drei der Planeten befinden sich in der habitablen Zone des Sterns. Das ist jener Abstand vom Stern, bei dem auf der Planetenoberfläche die richtige Temperatur herrschen kann, sodass flüssiges Wasser möglich ist. Damit wäre eine Voraussetzung für Leben gegeben.

Illustration des Größenvergleichs der sieben Planeten

NASA/JPL-Caltech

Die sieben Planeten

Allerdings ist dieses System wahrscheinlich doch nicht so lebensfreundlich wie zunächst angenommen. Der Zwergstern zeigt häufig starke Ausbrüche von UV-Strahlung. Der Sternenwind, der geladene Teilchen vom Stern wegtransportiert, ist wesentlich heftiger als bei der Sonne. Da die Umlaufbahnen der Planeten sehr nahe am Stern liegen (alle sieben kreisen näher an ihrem Stern als Merkur um die Sonne), bekommen die Planeten viel von dieser lebensfeindlichen Strahlung des Sterns ab.

Bei einem anderen roten Zwergstern mit der Bezeichnung LHS 1140 liegen die Chancen etwas besser. Dieser Stern beherbergt eine sogenannte Supererde. Der Planet ist etwas größer und deutlich massereicher als die Erde. Auch er kreist mit einer Umlaufzeit von 25 Tagen sehr nah um seinen Stern, innerhalb der habitablen Zone. Im Unterschied zu TRAPPIST-1 rotiert der Stern LHS 1140 allerdings langsamer und sendet weniger hochenergetische Strahlung ab. Die Frage nach seiner Lebensfreundlichkeit bleibt aber auch hier derzeit offen.

Cassini – Abschluss einer Mission

Am 15. September 2017 endete die NASA/ESA Mission Cassini-Huygens. Nach über 13 Jahren im Orbit um Saturn wurde die Sonde mit dem letzten verbleibenden Treibstoff gezielt in die dichten Wolken des Gasriesenplaneten gesteuert. Die Raumsonde ermöglichte völlig neue Einsichten in das Saturnsystem.

Saturn

NASA/JPL/Space Science Institute

Saturn

Bereits im Jänner 2005 – ein halbes Jahr nach der Ankunft bei Saturn – machte die Mission durch die gelungene Landung der europäischen Sonde Huygens auf dem größten Saturnmond Titan Schlagzeilen. Doch das war erst der Anfang. Die Entdeckung eines Ozeans mit heißen Quellen unter der Eisdecke des Saturnmondes Enceladus sowie der Nachweis von flüssigem Methan und Ethan in Seen und Flüssen auf Titan zählen zu den spektakulärsten Ergebnissen der Cassini-Mission.

Durch deren lange Dauer konnten sogar jahreszeitliche Veränderungen in Saturns Atmosphäre sowie auf Titan verfolgt werden. Auch die Saturnringe boten Überraschendes: sie entpuppten sich als komplexe, dynamische Strukturen, deren Bestandteile von Sandkorngröße bis zu Bergen reichen. So geht Cassini-Huygens als eine der erfolgreichsten Planetenmissionen in die Geschichte ein.

Eismonde mit heißem Kern

Saturns Eismond Enceladus zeichnet sich durch hohe Fontänen aus, die am Südpol des Mondes aus Rissen im Eis austreten. Untersuchungen mit der Cassini-Sonde bestätigten, dass der Mond unter der viele Kilometer dicken Eisschicht einen globalen Ozean besitzt. Messungen der im ausgestoßenen Wasserdampf enthaltenen Salze und Mineralien deuten auf sehr heißes Wasser in Wechselwirkung mit dem Gesteinskern hin. Da Enceladus eine elliptische Umlaufbahn um Saturn beschreibt, führen die Gezeitenkräfte zu einer ständigen Verformung des Eises und des Gesteinskerns.

Weißer Himmelskörper: Saturn-Mond Enceladus

NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute

Enceladus

Neue Computersimulationen zeigten: wenn dieser Kern aus lockerem, porösem Gestein besteht, kann Wasser sehr tief eindringen. Dabei wird es stark erwärmt und bildet beim Aufsteigen heiße Quellen am Grund des Ozeans. Die Eisdecke darüber wird zum Teil geschmolzen, Risse bilden sich und der Wasserdampf kann ins All entweichen. Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Ozean primitive Lebensformen beherbergt.

Ähnliche Bedingungen könnten auch im Inneren des Jupitermondes Europa herrschen. Dort wurde mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops zum zweiten Mal eine austretende Fontäne beobachtet. In den frühen 2030er-Jahren soll die ESA-Mission JUICE (JUpiter ICy moons Explorer) diesen Mond genauer erforschen.

Juno beim Gasriesen Jupiter

Apropos Jupiter: Der größte Planet unseres Sonnensystems wird seit rund 18 Monaten von der NASA-Sonde Juno umkreist, und auch 2017 haben uns höchst detailreiche Bilder von dort erreicht.

Der Südpol des Jupiters

NASA/JPL-Caltech/SwRI/MSSS/Betsy Asher Hall/Gervasio Robles

Der Südpol des Jupiters

Nicht zuletzt Jupiters Polregionen erscheinen nun in neuem Licht, und sie weisen überraschende Unterschiede zu ihren Gegenstücken auf Saturn auf. Während Saturn an seinem Nordpol eine riesige, langlebige hexagonale Wirbelstruktur zeigt, sehen wir auf Jupiter eine große Zahl einzelner atmosphärischer Zyklone.

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