WHO: Onlinespielsucht ist Krankheit

Immer mehr junge Menschen werden süchtig nach Onlinespielen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) reagiert nun auf diese Entwicklung und plant, maßloses Videospielen als Erkrankung anzuerkennen.

Ständig online sein, auch zum Essen keine Pausen mehr machen, Schule und Job, Familie und Freunde vernachlässigen - vor allem Onlinerollenspiele können süchtig machen, sagt Dominik Batthyány von der Beratungs- und Therapiestelle für Mediensucht der Sigmund-Freud-Universität in Wien: „Man spielt gemeinsam mit anderen Personen, die auch online sind, ist Teil eines Teams und hat das Gefühl, dass man die anderen nicht im Stich lassen kann. Es ist eine gefühlte Verpflichtung da.“

Ö1 Sendungshinweis:

Über die Sucht nach Online-Spielen berichtet auch „Wissen Aktuell“ am 4.1.2018 um 13.55 Uhr.

Anhand der Kriterien Kontrollverlust, verschobene Prioritäten und Auswirkungen auf das soziale Umfeld definiert auch die WHO den Punkt „6D11 Gaming Disorder“, der in die International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems aufgenommen werden soll. Dieser kurz ICD genannte Katalog ist das wichtigste, weltweit anerkannte Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Dass die WHO die Sucht nach Onlinevideospielen ab Mai offiziell als Krankheit anerkennen möchte, darüber zeigt sich Psychotherapeut Batthyány erfreut. Dadurch bekomme dieses Phänomen mehr Aufmerksamkeit.

Hohe Dunkelziffer

Vier Prozent der 15- bis 18-Jährigen gelten als internetsüchtig, welchen Anteil Onlinespiele daran haben, ist unbekannt. Die jüngste Studie zu Österreich stammt aus dem Jahr 2013, grundsätzlich geht man davon aus, dass die Fälle in den letzten Jahren mehr geworden sind. Das bestätigt auch Dominik Batthyány für die Beratungs- und Therapiestelle für Mediensucht.

Er weist aber darauf hin, dass Internetsucht breiter verstanden werden muss als Sucht nach Onlinespielen: „Es sind die vielen Angebote, die süchtig machen - zum Beispiel das Online-Einkaufen, die Sozialen Netzwerke, die pornografischen Inhalte, manche Menschen können nicht aufhören, Videoplattformen zu konsumieren.“

Nach jedem dieser Angebote könne sich eine Sucht entwickeln, so Batthyány. Für die Umgebung sei sie oft schwer zu erkennen, weil keine Substanz konsumiert wird wie etwa bei Alkohol oder Drogen. Familie und Freunde sollten deshalb aufmerksam werden, wenn sich ein Mensch zunehmend zurückzieht, Hobbies plötzlich vernachlässigt, Computer und Handy zum Dreh- und Angelpunkt des Alltags werden. Dann brauche es eine Therapie, um die hinter der Sucht liegenden Wünsche und Probleme aufzuarbeiten, so der Psychotherapeut.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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