Viel Salz schadet dem Gehirn

Wer zu viel Salz isst, schadet vielleicht nicht nur seinem Herzkreislaufsystem, sondern auch dem Gehirn. Einfache Aufgaben sind kaum noch zu bewältigen - zumindest für Mäuse. Laut Forschern könnte das auch für Menschen gelten.

Bereits nach vier Wochen waren Veränderungen am Mäusegehirn erkennbar. Nach weiteren 28 Tagen schienen dann gewohnte Verhaltensweisen und Fähigkeiten wie aus ihrem Gehirn gelöscht, erklärt der Studienautor Costantino Iadecola vom Weill Cornell Medical College in New York. „Die Mäuse verloren ihre Neugierde, neue Gegenstände in ihrer Umgebung zu erkunden, sie fanden den Weg aus einem Labyrinth nicht mehr, obwohl sie ihn drei Tage lang trainiert hatten und waren sogar unfähig, ein Nest zu bauen.“ Nach einigen Monaten waren die Mäuse schließlich dement. Das ergab der Vergleich mit jenen Mäusen, die eine normale Salzkost bekamen.

Der Grund: zu viel Salz. „Wir fütterten den Mäusen das acht- bis 16-fache ihres normalen Salzkonsums." Das heißt, sie bekamen Futter, das vier bis acht Prozent Kochsalzlösung enthielt. Das sollte dem Essverhalten von jenen Menschen entsprechen, die weit mehr Salz konsumieren, als von Gesundheitsbehörden empfohlen wird.

„Hungersnot“ im Gehirn

Die Ursache für die Veränderung lokalisierten die Forscher dabei im Darm der Mäuse. Durch die salzige Kost stellte sich das Immunsystem im Verdauungsorgan um. Die von den Immunzellen freigesetzten Botenstoffe schwächten in Folge die Durchblutung des Gehirns, wie die Forscher via Magnetresonanz-Tomografie (MRT) beobachteten.

Im Detail betrachtet vermehrten sich im Mäusedarm die weißen Blutkörperchen TH-17. Diese setzten wiederum vermehrt das entzündungsfördernde Molekül namens IL-17 frei. „Die Cytokine im Blut aktivieren an den Endothelzellen der Blut-Hirn-Schranke ein Enzym, wodurch die Blutversorgung des Gehirns gehemmt wird." Es gerät in eine Art „Hungersnot“, wodurch ihm auch für normale Leistungen die Energie ausgeht, so der Neurowissenschaftler.

Auch im menschlichen Organismus haben die IL-17 Moleküle einen ähnlichen Blockade-Effekt auf die Gefäßzellen, heißt es in der Studie. Demnach gehen die Forscher davon aus, dass sich zu viel Salz auf das menschliche Gehirn ähnlich negativ auswirken könnte. Und zwar unabhängig von anderen bekannten Konsequenzen wie Bluthochdruck, einer der Hauptrisikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkt.

Was ist zu viel?

Was genau „zu viel“ ist, scheint sich allerdings von Mensch zu Mensch zu unterscheiden. Zwar empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO eine Menge von weniger als fünf Gramm Salz täglich - das entspricht ca. einem Teelöffel. Allerdings zeigen Studien der neueren Zeit, dass nur etwa ein Drittel sensibel gegenüber Salz und somit bluthochdruckgefährdet ist, erklärt Iadecola. Das gelte zu einem bestimmten Grad auch für die Auswirkungen auf das Gehirn.

„Gerade das Immunsystem unterscheidet sich von Person zu Person und somit auch die Anfälligkeit für solche Reaktionen. Dennoch bleibt die Botschaft bestehen: Wer Autoimmunreaktionen wie diese auslöst, schadet dem Gehirn.“ Vor allem Menschen mit einem erhöhten IL-17-Spiegel könnten anfälliger sein, meint Iadecola, wie etwa jene mit erhöhtem Blutdruck oder Schuppenflechte.

Dass Menschen größtenteils zu viel Salz essen, scheint sich immer wieder durch Befragungen und Erhebungen zu bestätigen. In Europa schätzt man den täglichen Konsum auf neun bis 12 Gramm. Die genaue Menge ist allerdings nur schwer abzuschätzen, so Iadecola. „Viele Speisen im Supermarkt sind aufbereitet. Man vermutet, dass die Menschen zum Teil tatsächlich weit mehr als gut zwei Teelöffel Salzkonsumieren. “

Die gute Nachricht: Vier Wochen nachdem die Neurowissenschaftler das Salz im Mäusefutter wieder reduziert haben, normalisierte sich sowohl die Durchblutung im Gehirn als auch das Verhalten der Mäuse.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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