„Quantentelefonat“: Abhörsicher über 7.600 km

Vergangenen September führten der Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) Anton Zeilinger und sein chinesischer Amtskollege Chunli Bai ein „Quantentelefonat“. Nun wurde die dazugehörige Publikation nachgereicht.

Für das quantenverschlüsselte Videotelefonat wurde mit Hilfe des 2016 gestarteten chinesischen Forschungssatelliten „Micius“ und Bodenstationen in Österreich und China Quantenschlüssel ausgetauscht, die bei der über konventionelle Internetverbindung geführten Videokonferenz zum Einsatz kamen. Aufgrund der Gesetze der Quantenphysik gilt ein derart verschlüsselter Datenaustausch als abhörsicher.

Die Studie

„Satellite-Relayed Intercontinental Quantum Network“, Physical Review Letters, 2018

„Das Experiment hat gezeigt, dass Quantenkommunikation absolut abhörsicher ist und auch in einem globalen Maßstab funktioniert“, erklärt Zeilinger in einer Aussendung. Seine Arbeitsgruppe am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der ÖAW beschäftigt sich schon lange mit der Übertragung von Quanteninformation und dem Austausch von Quantenschlüsseln über immer größere Entfernungen. Weil dem auf der Erdoberfläche allerdings Grenzen gesetzt sind, wichen die chinesischen Forscher um Zeilingers ehemaligen Doktoranden Jian Wei-Pan mit dem Satelliten „Micius“ ins Weltall aus. Das Fachjournal „Nature“ kürte Jian Wei-Pan erst kürzlich zu einem der zehn einflussreichsten Forscher des Jahres 2017.

Sicherer als alles andere

Für das Experiment machten sich die Wissenschaftler quantenphysikalische Phänomene zunutze, um einzelne Photonen mit einer zufälligen, nicht vorhersagbaren Schwingungsrichtung am Satelliten zu erzeugen und zu Bodenstationen zu senden. Sender und Empfänger haben damit eine eindeutige Abfolge zufällig generierter Nullen und Einser - den Quantenschlüssel. Ein Abhörversuch während des Austauschs zwischen Orbit und Erde hätte den quantenphysikalischen Zustand der Teilchen verändert und wäre dadurch sofort vom Empfänger bemerkt worden.

Die derart erzeugten Schlüssel wurden nicht nur für die Übertragung des Videotelefonats, sondern auch von Bildern des österreichischen Physik-Nobelpreisträgers Erwin Schrödinger und des chinesischen Philosophen Micius verwendet. Weil die hergestellten Schlüssel noch zu klein waren, um das gesamte Videotelefonat zu verschlüsseln, wurden sie in viele kleine Teile zerlegt, die immer wieder getauscht wurden. Die Videoübertragung war dadurch nicht hundertprozentig abhörsicher, aber „eine Million Mal sicherer als alles was sonst derzeit möglich ist“, wie Zeilinger damals sagte. Für die Bilder dagegen wurde ein einziger Schlüssel verwendet und anschließend vernichtet. Diese Methode gilt als absolut sicher.

Zeilinger sah in dem Experiment einen Schritt hin zu einem „zukünftiges Quanteninternet, wo man wirklich sicher sein kann, dass das, was man ins Netz schickt, oder das was von dort zurückkommt, sicher ist“. Für den am Experiment und der Publikation beteiligten Quantenphysiker Thomas Scheidl wird ein künftiges globales Quanteninternet einerseits aus urbanen Glasfasernetzwerken bestehen, die für Quantenkommunikation über kurze Distanzen völlig ausreichend seien. Über größere Entfernungen verbinden ließen sich solche lokalen Netze dann mit Satelliten.

science.ORF.at/APA

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