Roboterwurm soll durch den Körper kriechen

Ein Multi-Bewegungstalent: Forscher haben einen winzigen Roboter entwickelt, der sich in fast jedem Terrain fortbewegen kann. Er springt, schwimmt und kriecht im Labor - und könnte das bald auch im menschlichen Körper tun.

Beim Stichwort „Roboter“ denkt man normalerweise an starre Maschinen aus Metall oder Kunststoff, die sich spinnengleich im Gelände vorwärts tasten. Doch die Roboter der neue Generation, „soft robots“ heißen sie, erinnern eher an Weichtiere oder Würmer.

So ein flexibler Körperbau hat Vorteile, wenn der Bewegungsspielraum gering und das Terrain unübersichtlich ist. Weiche Roboter könnten sich etwa durch enge Spalten zwängen und an Orte gelangen, die gleichermaßen für Menschen wie auch für starres Gerät unzugänglich sind.

Rolle vorwärts - wie Raupen

Von so einem Roboter berichten nun Forscher um Metin Sitti vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart. Er ist zwar bloß vier Millimeter lang, dafür verfügt er über ein erstaunliches Bewegungsrepertoire. Wie die Forscher im Fachblatt „Nature“ schreiben, kann der Roboter Spalten im Sprung überwinden, er schwimmt im Quallenstil, aber auch per Geißelschlag, so wie Spermien es tun.

Und nicht zuletzt kann sich der „Milliroboter“ auf festem Untergrund durchaus behände vorwärts bewegen, etwa mit der klassischen Rolle vorwärts - hier habe er sich von Raupen inspirieren lassen, erzählt Sitti im Gespräch mit science.ORF.at: „Wenn Raupen in Gefahr geraten, dann treten sie rollend die Flucht an. Dabei erreichen sie ganz schön hohe Geschwindigkeiten. Unser Roboter kann das auch.“

Ziel: Transport von Medikamenten

Von Raupen abgeschaut hat sich Metti auch eine Gangart mit bogenförmig gespanntem Körper; eine andere erinnert wiederum an eine Figur aus dem Breakdance: „Worm“ heißt dieser Move - hier läuft eine Welle durch den Körper, die für die nötige Vorwärtsbewegung sorgt.

Das alles bewerkstelligt der kleine Roboter mit einem Körper aus Silikon, in dessen Inneren magnetische Mikropartikel eingelagert sind. Letztere dienen der Bewegungssteuerung: Sitti und seine Kollegen kontrollieren die Fortbewegung des Roboters nämlich von außen, mit Hilfe von Magnetfeldpulsen.

Das freilich ist mehr als nur Spielerei: Ziel der Versuche ist es letztlich, den Roboter für medizinische Anwendungen fit zu machen. Er soll nach Sittis Plänen Medikamente in den menschlichen Körper befördern, dort zielgenau abladen und gegebenenfalls unerwünschtes Zellmaterial abtransportieren. Im Verdauungssystem wäre die momentane Größe bereits praktikabel. Um ihn per Injektion ins Blutsystem zu schicken, müsste er noch auf Mikrometergröße schrumpfen. Dies umzusetzen, sagt Sitti, „ist technisch kein Problem“.

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Was die Steuerung im menschlichen Körper betrifft, müssen die Forscher indes noch eine Hürde nehmen. Woher soll außerhalb des Labors das notwendige Magnetfeld kommen? Sitti will in diesem Fall auf Magnetresonanztomographen (MR) in Krankenhäusern zurückgreifen. „MR-Geräte hätte den Vorteil, dass man sie sowohl für die Steuerung als auch für die Überwachung des Roboters einsetzen könnte.“ Nun will Sitti im Tierversuch nachweisen, dass sein Konzept funktioniert. Klinische Studien am Menschen könnten in fünf Jahren starten.

Robert Czepel, science.ORF.at

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