70 Prozent der Königspinguine bedroht

Noch geht es den Königspinguinen in der Antarktis gut. Aber laut einer neuen Studie sind bis Ende des Jahrhunderts 70 Prozent ihrer Bestände bedroht – wenn der Ausstoß von Treibhausgasen nicht zurückgeht und die Klimaerwärmung fortschreitet.

Rund 1,1 Millionen Brutpaare müssten ihre traditionellen Brutplätze verlassen oder würden verschwinden, berichtet ein Team um den Evolutionsbiologen Emiliano Trucchi von der Universität Ferrara in Italien.

Arten, die die Kälte lieben, tendieren bei Erwärmung üblicherweise dazu, in Richtung der Pole zu wandern. Bei Königspinguinen ist das aber etwas kompliziert: Sie brüten auf subantarktischen Inseln - vorausgesetzt, diese haben ganzjährig eisfreie Sand- oder Kiesstrände. Ihr Lebensraum ist damit sehr fragmentiert, eine Verlagerung von Brutkolonien nicht einfach. Vor allem benötigen die knapp einen Meter großen Tiere ertragreiche und stabile Nahrungsquellen in der Nähe, um ihren Nachwuchs füttern zu können.

Königspinguine

Celine LeBohec

Veränderte Strömungen, weniger Nahrung

Dabei konnten sich die Königspinguine jahrtausendelang auf die Antarktische Polarfront verlassen, ein Strömungssystem, das durch das Aufsteigen von nährstoffreichem Tiefenwasser für ausreichend Nahrung für die Pinguine sorgt. Durch den Klimawandel verlagert sich diese Polarfront allerdings nach Süden und entfernt sich mehr und mehr von den Brutgebieten der Königspinguine. Die Elterntiere werden dadurch gezwungen, sich für die Nahrungssuche weiter von der Brutkolonie zu entfernen.

Das könnte bald dazu führen, dass die Jungtiere nicht mehr genug Nahrung bekommen und die Populationen zusammenbrechen. Den Berechnungen zufolge wird rund die Hälfte des gesamten Königspinguinbestands den Lebensraum vollständig verlieren. Das betrifft vor allem die Brutkolonien auf den Crozet- und Prince-Edward-Inseln. Der Lebensraum von rund 21 Prozent des Gesamtbestands wird sich aufgrund zunehmender Entfernung zu den Nahrungsquellen stark verändern. Das Problem dabei ist, dass sich nur wenige Inseln im Südpolarmeer als alternativer Standort für eine Brutkolonie eignen.

Zuletzt vor 20.000 Jahren

Für die Art ist das aber nichts Neues, wie die Wissenschaftler um Trucchi, der seine Forschung noch in seiner Zeit an der Universität Wien durchgeführt hat und mittlerweile in Italien arbeitet, zeigten. Sie haben mit Hilfe von Genomanalysen rekonstruiert, wie sich die Populationsgröße in den vergangenen 50.000 Jahren verändert hat. Frühere Klimaänderungen und damit einhergehende Verschiebungen von Meeresströmungen und der Antarktischen Polarfront haben den Vögeln immer wieder kritische Phasen beschert, das letzte Mal vor rund 20.000 Jahren.

Königspinguine

Robin Cristofari

Dass die Königspinguine mit diesen Veränderungen zurechtkamen, gibt den Wissenschaftlern Grund zur Hoffnung. „Die äußerst geringen genetischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Pinguinkolonien deuten darauf hin, dass regelmäßig Tiere zwischen den Kolonien hin- und herwandern“, so Trucchi in einer Aussendung der Uni Wien. Offensichtlich sind die Königspinguine „sehr gut darin, neue sichere Brutstätten zu finden, wenn es für ihre bisherigen Kolonien schlecht aussieht“. Auf den Inseln Heard, Bouvet und Südgeorgien könnten die Vögel zumindest teilweise den Verlust ihres Lebensraums kompensieren.

“Schutzmaßnahmen notwendig“

Die aktuelle Klimaerwärmung hat einen bedeutenden Unterschied im Vergleich zu früheren Temperaturschwankungen: Zum ersten Mal in der Geschichte der Pinguine sind es menschliche Einflüsse, die zu besonders schnellen und möglicherweise unumkehrbaren Veränderungen auf der Erde führen.

Zusätzlich hat sich der Fischfang im Südpolarmeer stark vermehrt, was den Pinguinen die Nahrungssuche zusätzlich erschwert. „Vorhersagen zum Fortbestand der Pinguinkolonien lassen sich nicht leicht treffen, aber es wird sicherlich Verluste geben“, so Trucchi. „Wenn wir die Pinguine erhalten wollen, müssen wir vorausschauende und wirksame Schutzmaßnahmen treffen.“

science.ORF.at/APA

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