E-Zigaretten: Ausstieg oder Einstieg?

E-Zigaretten sollen bei der Rauchentwöhnung helfen und so die Anzahl der Raucher verringern. Laut einer neuen Studie aus den USA geht diese Rechnung jedoch nicht auf: Für viele Jugendliche sei die E-Zigarette der Einstieg zum Tabakkonsum.

Rund 2.000 Menschen haben das Rauchen 2015 dank E-Zigaretten aufgegeben. Doch 168.000 Jugendliche haben im gleichen Jahr mit dem Rauchen angefangen, weil sie davor E-Zigaretten probiert hatten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Dartmouth Universität, die mit Hilfe von Gesundheitsdaten und Raucherstatistik ein Computermodell erstellt haben. Diese Simulation zeigt, dass E-Zigaretten der Gesamtbevölkerung mehr schaden als nutzen könnten.

Widersprüchliche Ergebnisse

In der Studie der Dartmouth Universität, die soeben in PLOS ONE erschienen ist, stellen die Wissenschaftler folgende hypothetische Rechnung an: Die erwachsenen, ehemaligen Tabakraucher würden durch den Umstieg auf die E-Zigarette statistisch gesehen 3.000 Lebensjahre dazugewinnen. Die Jugendlichen, die über die E-Zigarette zum Tabakkonsum kommen, würden dagegen 1,5 Millionen Lebensjahre verlieren.

Das widerspricht einer Studie, die erst vor einem halben Jahr in der Fachzeitschrift „Tobacco Control“ erschienen ist. Hier war ein internationales Team von Krebsforschern zu dem Schluss gekommen, dass E-Zigaretten bis zum Jahr 2100 bis zu 6,6 Millionen Menschenleben retten könnten. Selbst im pessimistischen Szenario würde es 1,6 Millionen Todesfälle weniger geben.

Und auch in Großbritannien hat sich eine Studie von Public Health England für die Nutzung von E-Zigaretten ausgesprochen. Die Studie, die 2015 veröffentlicht und im Februar dieses Jahres aktualisiert wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass E-Zigaretten 95 Prozent weniger gefährlich als Tabakzigaretten sind.

Chance und Risiko zugleich

Dass E-Zigaretten junge Menschen an das Rauchen heranführen können, wurde mittlerweile von einigen Studien bestätigt, sagt Bernd Lamprecht, Lungenfacharzt am Universitätsklinikum Linz und Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie. „Das heißt, die Gefahr, dass man vielleicht mit dieser etwas gesünder oder moderner erscheinenden Form des Rauchens beginnt und dann früher oder später bei herkömmlichen Zigaretten landet, die sehen wir schon.“

Die E-Zigarette sei aus lungenfachärztlicher Sicht zwar eine Ausstiegshilfe für schwere Raucher. Es würden allerdings viele Raucher zu einer Mischnutzung übergehen und das Rauchen nur einschränken, nicht aber aufgeben. „Das ist eine verhaltensabhängige Geschichte, die eben eingelernt wird“, so der Pulmologe. Man würde sich an den Zigarettenersatz zwischen den Fingern gewöhnen. „Und plötzlich hat man wieder eine gefährlichere Form des Rauchens in der Hand“, so Lamprecht weiter.

Mit Österreich nicht vergleichbar

Dass man die Studienergebnisse aus den USA eins zu eins auf Österreich umlegen könne, verneint Bernd Lamprecht allerdings. Die dafür verwendeten Daten stammten aus dem Jahr 2014, als E-Zigaretten in den USA noch frei an Jugendliche verkauft wurden. In Österreich gilt ein Schutzalter von 16 Jahren, wie bei herkömmlichen Zigaretten.

Auf der anderen Seite sind die Raucherregelungen in den Vereinigten Staaten wesentlich strenger als hier, und die Anzahl der Raucher ist viel niedriger. Dort könnte die E-Zigarette den Einstieg ins „echte“ Rauchen beschleunigen. In Österreich nehmen viele Jugendlichen nicht erst den Umweg über die E-Zigarette, sondern greifen gleich zum Tabak.

Marlene Nowotny, Ö1-Wissenschaft

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