Wie man Städte „menschlich“ macht

Die Menschen glücklich machen und nicht die Autos – das ist das Motto des dänischen Architekten und Stadtplaners Jan Gehl. Wie das geht, hat er schon in einigen Großstädten vorgezeigt. Etwa in Kopenhagen und New York.

„Heute will jeder Bürgermeister eine lebenswerte Stadt, das heißt eine Stadt mit hoher Lebensqualität“, sagt Jan Gehl im Interview mit Ö1. Für ihn ist klar, eine lebenswerte Stadt ist eine Stadt, die die Menschen aktiv nutzen.

Am anschaulichsten zeige sich das im Verkehr: „Wenn in einer Stadt viele Menschen zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren, dann ist das eine menschliche Stadt. Das entspricht auch den menschlichen Sinneserfahrungen: Man bewegt sich in seiner Umwelt. In einem Auto fährt man nur durch sie hindurch.“

Times Square wurde zur Flaniermeile

Neben der lebenswerten Stadt, wollen die Politiker heutzutage auch eine gesunde Stadt: „Man hat realisiert, wie ungesund es für die Menschen ist, dauernd im Auto zu sitzen.“ Um den Bewegungsmangel in der Bevölkerung auszugleichen, genüge es nicht, für Sport in der Freizeit zu plädieren: „Die Bewegung muss in den Alltag integriert werden.“

Der Broadway in New York - vor und nach der Umgestaltung

Jan Gehl

Fußgängerzone nach Gehls Plänen: Der Times Square in New York vor und nach der Umgestaltung

Das wachsende Interesse an einer menschenzentrierten Verkehrsplanung beobachtet Gehl weltweit seit dem Jahr 2000. So hat er etwa die Politiker von New York, Melbourne und Moskau darin beraten, wie sie ihre Stadt an die Bedürfnisse der Bewohner anpassen und lebenswerter machen können. In seiner Heimatstadt Kopenhagen mischt Gehl schon ein paar Jahrzehnte länger mit. Mit Erfolg: Dort fahren heute 41 Prozent der Bewohner mit dem Fahrrad in die Arbeit.

Mehr Räder, weniger Autos

Gehl ist überzeugt, dass sich die Stadtplanung auch in Zukunft weiter vom Autoverkehr weg entwickeln wird, auch aus Gründen des Umweltschutzes: „Autos verbrauchen viel Platz und sie verschmutzen die Luft. Wir können davon ausgehen, dass in ganz Europa die Fahrradwege in den Städten ausgebaut und weniger Autos fahren werden.“

Vortrag

Am 19.3. hielt Jan Gehl am Forschungszentrum CeMM in Wien einen Vortrag: „Lebenswerte Städte der Zukunft“

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 20.3., 13:55 Uhr.

Gespannt ist der Architekt darauf, wie sich selbstfahrende Autos auf die Städte auswirken: „Ein selbstfahrendes Auto, das dauerhaft im Einsatz ist, könnte die Arbeit von zehn normalen Autos erledigen. Dann wird eine Stadt mit immer weniger Autos auskommen.“

Andererseits sei die Autoindustrie nervös geworden, weil der Autoverkehr in den Städten zurückgegangen ist. Sie erhofft sich, ihre Verkaufszahlen durch die selbstfahrenden Autos wieder anzukurbeln. „Wir müssen sehr sorgfältig planen, wie wir die selbstfahrenden Autos in den Stadtverkehr integrieren“, sagt Gehl. Eins ist aber sicher, so der Stadtplaner: Die Tage des klassischen Autos in der Stadt sind gezählt.

Katharina Gruber, Ö1-Wissenschaft

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