Treibhausgase: Konsum verschlechtert Bilanz

Anfang April hat die Regierung ihre neue Klima- und Energiestrategie präsentiert. Kurz davor legten Forscher neue Zahlen zur heimischen Treibhausgasbilanz vor: Rechnet man auch die in Österreich konsumierten Produkte hinein, schaut sie noch schlechter aus.

Wir fahren zur Arbeit, essen, kaufen ein. Wir telefonieren, arbeiten am Computer. „Alle diese Aktivitäten sind mit Treibhausgasemissionen verbunden“, sagt Gerfried Jungmeier von Joanneum Research in Graz. Besonders viele Emissionen sind es dann, wenn wir Gemüse einkaufen, das fernab von Österreich gewachsen ist. Oder ein Handy haben, für das Rohstoffe in China verarbeitet wurden. Mit einer Arbeitsgruppe des Climate Change Center Austria hat der Energie- und Klimaexperte berechnet, wie stark sich die Treibhausgasbilanz Österreichs verändert, wenn man all diese importierten Produkte und Dienstleistungen einberechnet.

Emissionen um 50 bis 60 Prozent höher

Das Ergebnis: „Die tatsächlichen konsumbilanzierten Emissionen liegen in der Größenordnung von 110 bis 130 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr, das sind etwa 50 bis 60 Prozent mehr, als wir mit der nationalen Bilanz eigentlich ausweisen.“ Denn für die nationale Bilanz gelten die Staatsgrenzen; nur, was innerhalb der Grenzen hergestellt wird, zählt dazu. Das konsumbasierte Modell hingegen berechnet die Treibhausgase dort, wo tatsächlich eingekauft wird. Wird also ein Handy in China produziert und in Österreich gekauft, verschlechtert es die Bilanz Österreichs und nicht Chinas.

Ö1-Sendungshinweis

Über das Thema berichtete auch das Journal um acht am 26.3.2018.

15 Tonnen CO2 pro Jahr ergibt die konsumbasierte Treibhausgasbilanz für jeden Österreicher, jede Österreicherin im Vergleich zu zehn Tonnen in der nationalen Bilanz. Da müsse sich etwas ändern, so Jungmeier im Interview mit Ö1: „Laut den Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens müssen wir den konsumbasierten Treibhausgasausstoß um 90 Prozent reduzieren. Es braucht einen klimaverträglichen Lebensstil, wir nennen ihn auch den ‚Paris-Lebensstil‘ mit ein- bis eineinhalb Tonnen CO2 pro Person und Jahr.“

CO2-Emissionen durch Konsum: Inland vs. Import (%)

Handys, Computer, Kleidung, sonstige Konsumgüter - damit verursacht jeder Österreicher, jede Österreicherin nach der konsumbasierten Bilanz am meisten Treibhausgase, so Gerfried Jungmeier. Gleichzeitig ist das auch der Bereich, in dem der größte Anteil (76%) importiert wird (siehe Grafik). Danach kommen in der Pro-Kopf-Rechnung Mobilität und Heizen. Entsprechend müsste auch ein nachhaltiger Lebensstil zum einen bei erneuerbarer Energie und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln ansetzen - ohne Maßnahmen bei den Konsumgütern werde es aber nicht gehen, so Jungmeier, der gleichzeitig betont: „Das heißt nicht, dass wir schlechter leben werden. Vielleicht werden wir in Zukunft einfacher weniger Produkte, dafür aber langlebigere haben.“

Von der Politik erwartet sich der Klimaforscher auch Maßnahmen beim Konsum: „Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann dass man auch auf Treibhausgasemissionen entsprechende Steuern einhebt und damit jenen Produkten eine Chance gibt, die zukunftsfähig sind, weil bei Herstellung und Transport einfach weniger Treibhausgase emittiert werden.“

Zusätzlich sollte auf allen Produkten verpflichtet angegeben sein, wie viel CO2 bei ihrer Herstellung angefallen ist. Den Konsum stärker zu beachten - das erwarten sich die Klimaforscher um Gerfried Jungmeier von der neuen Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung, die im April vorgestellt werden soll. Dadurch würden auch Schnellschüsse wie etwa in Großbritannien verhindert. Dort ist es zwar gelungen, die nationale CO2-Bilanz zu senken - allerdings nur, indem man Industrien in andere Länder verlagert hat. Der Konsum ist unverändert hoch.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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