Schwache Esser leben länger

Weniger ist oftmals mehr, auch beim Essen: Wer weniger isst, tut seiner Gesundheit Gutes - und erhöht damit wohl auch die Lebenserwartung, wie Forscher herausgefunden haben.

Zwei Jahre lang haben gesunde, normalgewichtige bis leicht übergewichtige Teilnehmer ihre Kalorienzufuhr im Schnitt um 15 Prozent verringert. Die Vergleichsgruppe durfte weiterhin essen, soviel sie wollte. „Wir haben herausgefunden, dass selbst bereits schlanke Menschen von der Kalorienreduktion profitieren können“, sagt die Studienleiterin Leanne Redman vom Pennington Biomedical Research Center.

Dass die gedrosselte Kalorienzufuhr gesund ist, wurde bereits an Fischen, Fliegen, Würmern, Mäusen und Hunden nachgewiesen. Die US-amerikanische Studie zeigt nun: Das gilt auch für den Menschen.

Die Studie

„Metabolic Slowing and Reduced Oxidative Damage with Sustained Caloric Restriction Support the Rate of Living and Oxidative Damage Theories of Aging“, Cell Metabolism, 22.3.

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Diesem Thema widmen sich auch das Morgenjournal sowie die Nachrichten am 23.3.

Stoffwechsel wird effizienter

Wie die Forscher im Fachjournal „Cell Metabolism“ schreiben, verlangsamt kalorienarme Ernährung den Stoffwechsel und macht ihn dabei effizienter. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Zellen bzw. in weiterer Folge auf die Organe aus. „Eine gewisse Effizienz in der Energieverwertung heißt, dass weniger Sauerstoffradikale entstehen. Dadurch steht mehr Energie zur Verfügung für andere Aufgaben in der Zelle, wie etwa für Reparaturmechanismen. Zudem werden die Zellen empfindlicher gegenüber Insulin“, sagt der Molekularbiologe Sebastian Hofer von der Universität Graz. Er war an der US-Studie nicht beteiligt.

Grafik: Kalorienreduktion wirkt positiv auf die Zellkraftwerke

Redman et al./Cell Metabolism

Kalorienreduktion bedeutet auch weniger Radikale in den Zellkraftwerken

Geht es nach den Forschern in den USA, verbessert die kalorienreduzierte Kost neben der Gesundheit auch die Lebenserwartung. Dass es hier einen Zusammenhang gibt, zeigen bisher nur Tierstudien. Ob die lebensverlängernde Wirkung auch beim Menschen so eintritt, ist für Hofer noch nicht ausgemacht. „Aber grundsätzlich stimmt es natürlich: Kann der Köper Energie, die er zur Verfügung hat, effizienter nutzen, hat das einen positiven Effekt.“

Weniger Kalorien, bessere Laune

Es ist nicht die erste Studie, in der die US-amerikanische Physiologin Redman mit ihren Kollegen untersucht, wie sich eine kalorienarme wenngleich ausgewogenen Ernährung auf den menschlichen Organismus auswirkt. Bereits 2016 analysierten die Wissenschaftler, ob auch negative Effekte mit der kalorienarmen Diät einhergehen können, etwa Knochenschwund, unregelmäßige Monatsblutung oder Blutarmut.

„Das war das erste Mal überhaupt, dass man Stoffwechseleffekte in einer kotrollierten Studie mit nicht fettleibigen Menschen untersucht hatte”, so Redman. Diese fielen weitgehend positiv aus: Die Probanden waren besser gelaunt, hatten eine bessere Lebensqualität, waren energiegeladener und hatten eine erhöhte Libido. Zumindest für jüngere Menschen scheint das zu funktionierten - die Studiengruppe war 20 bis 50 Jahre alt.

Für positive Laune bei den Probanden könnte auch der Gewichtsverlust von durchschnittlich neun Kilogramm gesorgt haben. Erstaunlicherweise stellte sich dieser innerhalb von einem Jahr ein, danach hielten die Teilnehmer ihr Gewicht konstant. „Allerdings berichteten viele Studienteilnehmer von einer gewissen Belastung durch das ständige Protokollieren. Immer muss man mitdenken, was man schon gegessen hat, wie viel man noch essen darf. Man ist also konstant unter Zugzwang, die vorgeschriebenen Kalorien zu erreichen“, sagt der Molekularbiologe Hofer.

Eine Frage der Disziplin

Eine Disziplin, die nicht jeder hat - schon gar nicht ohne den Motivationsschub, den die wöchentlich betreuten Studienteilnehmer erhalten hatten. Sieht man genau hin, verfehlten selbst sie das ursprüngliche Ziel der Studie. Dieses lautete: minus 25 Prozent. Für Hofer ist das wenig überraschend. „Das deckt sich auch mit anderen Studien, die zeigen, dass sich der Mensch wirklich schwer tut, mehr als zehn bis 15 Prozent Kalorienzufuhr einzusparen.“

Jenen, die es zu Hause ausprobieren wollen, raten die US-Forscher: Eine ausgewogene Ernährung hat Vorrang, die Kalorien wahllos einzusparen, sei nicht der optimale Weg. Sebastian Hofer wiederum empfiehlt, im Zweifelsfall Experten zu konsultieren. Dies könnte auch über die eine oder andere Motivationshürde hinweghelfen.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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